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Eröffnung:Donnerstag,4.März 2004,19 Uhr

Pressetext:

"Ich erinnere mich daran, dass ich immer mit Widersprüchen und gegensätzlichen Formen gearbeitet habe, was auch meiner Idee vom Leben entspricht.Die ganze Absurdität des Lebens, bei mir war immer alles gegensätzlich.“ Eva Hesse

Eva Hesse ist eine Ikone der amerikanischen Kunst der 60er Jahre. Ihr Werk wurde in der letzten großen Retrospektive des SFMOMA und des Museums Wiesbaden sowie der Tate Modern ausführlich gewürdigt. Der Fokus der Eva Hesse Ausstellung in Wien basiert auf den Arbeiten, die in den Jahren 1964/65 während ihres Aufenthalts in Deutschland entstanden. Dem Land,aus dem sie 1938 mit ihrer Familie vertrieben wurde. Auf Einladung des Fabrikanten und Sammlers Friedrich Arnhard Scheidt wurden der Bildhauer Tom Doyle und seine Frau Eva Hesse zu einem einjährigen Besuch nach Deutschland eingeladen. Als Atelier diente ihnen eine aufgelassener Bereich der Textilfabrik Friedrich Scheidts in Kettwig a.d.Ruhr bei Essen. Diese Zeit sollte sich als eine Zäsur in Hesses persönlicher wie künstlerischer Entwicklung herausstellen. Sie markiert eine Art methodologische Wende in ihrer Arbeit: eine Bewegung von der Malerei und Zeichnung hin zu Collagen und skulptural plastischen Werken sowie inhaltlich eine Reduktion figuraler Elemente zugunsten einer linearen und monochromen Minimalisierung.

Die Ausstellung der Kunsthalle Wien zeigt 60 Zeichnungen, Collagen, Gouachen und Reliefs aus der Zeit vor und während ihres Aufenthalts in Deutschland sowie einige plastische Arbeiten,die unmittelbar im Anschluss daran in den USA entstanden. Sie nehmen Motive aus den in Kettwig entstandenen Arbeiten wieder auf,werden weiter verdichtet und verweisen damit auf Hesses „reifes “ Werk minimalistischer Prägung, das durch ihren frühen Tod im Alter von 34 Jahren nicht mehr weitergeführt werden konnte. Die erste Serie von Zeichnungen, die in Deutschland entstand, sind Collagen in abstrakt expressionistischer Färbung, „wild space “, wie Hesse ihrem Freund Sol LeWitt in einem Brief vom 18.März 1965 schreibt. Danach werden die Zeichnungen strukturierter, der Raum ist gefüllt mit einer gitterartigen Struktur, Quadraten,w ie Hesse sie seit den Anfängen ihres künstlerischen Schaffens immer wieder verwendet,aus denen sich figürlich organische und maschinenähnliche Elemente entwickeln.Gänzlich vom Räumlichen befreit sich Hesse dann in den kristallinen, linearen „Maschinenzeichnungen “,die von den herumliegenden Teilen der aufgelassenen Fabrik inspiriert wurden. Diese Phase der formalen Bescheidung – Hesse spricht von „Nonsens “,von der Nicht Bedeutung,die in diesen Zeichnungen regiert – mündet schließlich in die dreidimensionalen Reliefs,,die den entscheidenden Durchbruch zur Skulptur in Eva Hesses Schaffen darstellen. Die starke Farbigkeit, die die ganze Periode in Deutschland kennzeichnet, tritt langsam zugunsten einer sanften Monochromie zurück.

Die Kunsthalle hat sich in den letzten Jahren zum Ziel gesetzt, wichtige Referenzfiguren der 60er und 70er Jahre zu präsentieren und, wenn möglich, noch nicht übersetzte Schriften von KünstlerInnen herauszugeben. Begleitend zur Eva Hesse Ausstellung erscheint eine Publikation mit den erstmals übersetzten und kommentierten Kalendernotizen aus der Zeit in Deutschland sowie ein Katalog mit den in dieser Zeit entstandenen Werken. Sie geben Einblick in eine Phase der individuellen und künstlerischen Transformation der Künstlerin und können darüber hinaus durch die kritische Kommentierung als detailliertes Zeitdokument gelesen werden.

Der zentrale Aufenthalts und Arbeitsort Eva Hesses war zwar Kettwig an der Ruhr,,aber die Kalendernotizen dokumentieren die rege Reisetätigkeit von Tom Doyle und Eva Hesse in dieser Zeit. Es sind Reisen nach Brüssel, Paris, Rom, Mallorca verzeichnet,ständige Fahrten zu Ausstellungseröffnungen nach Bern, Basel, Zürich, Düsseldorf, etc. Hesse und Doyle befinden sich während ihres Aufenthalts in Europa ständig im Brennpunkt des Zusammentreffens unterschiedlicher Strömungen der amerikanischen und europäischen Avantgarde. Diese Mischung schafft den Boden für eine Präzisierung in Hesses Formensprache. Die Tagebücher und Kalendernotizen geben neben dem Einblick in die künstlerische Auseinandersetzung Eva Hesses aber beredtes Zeugnis von ihrer persönlichen Zerrissenheit, von der zeitweiligen Unvereinbarkeit, ein selbstbestimmtes Leben als Künstlerin führen zu wollen und gleichzeitig Haus und Ehefrau eines erfolgreichen Bildhauers zu sein: „Ich kann unmöglich so viele Dinge darstellen, ich kann nicht etwas für jeden sein – Frau,schön, Künstlerin, Ehefrau, Haushälterin, Köchin, Verkäuferin, alle diese Rollen. Ich kann nicht mal ich selbst sein, geschweige denn wissen,wer ich bin “.

Die Ausstellung wie auch der Katalog und die erstmals publizierten Kalendernotizen bieten eine seltene Gelegenheit, die Niederschriften einer Künstlerin einzusehen und diese gleichzeitig im Werk gespiegelt zu sehen – Gedanken und Begegnungen,die den Transformationsprozess ihrer Kunst vorangetrieben haben.

Zwei Publikationen im Schuber: Transformationen – Die Zeit in Deutschland 1964//65, 1.Katalog zur Ausstellung; 2.Kalendernotizen Hrsg.Kunsthalle Wien, Sabine Folie; je 120 S.; deutsch/englisch; ISBN 3 85247 050 1

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Eva Hesse - Transformationen
Die Zeit in Deutschland 1964/65
Kuratorin: Sabine Folie
Eine Kooperation mit The Estate of Eva Hesse.Hauser &Wirth Zürich London