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Text von Dr. Stefanie Kreuzer / Auszug aus „Von Wolken und Fischen oder wie Eva-Maria Kollischans Arbeiten (Denk)Raum konstruieren“:

Raumgreifende Installationen, Wandmalereien, Malereien und Zeichnungen stellen die unterschiedlichen Medien dar, derer sich Eva-Maria Kollischan in ihren Arbeiten bedient. Und obgleich der scheinbaren Mannigfaltigkeit der Mittel kristallisiert sich ein zentrales Leitmotiv heraus, welches die losen Enden beständig wieder aufgreift und zu einem dichten Themenkomplex verbindet. Der Form- und Themenfindung voran aber steht uneingeschränkt die spürbare Skepsis der Künstlerin gegenüber jeder wie auch immer formulierten einschränkenden Interpretation ihrer Werke, ihrer Formen und Motive. Daher spielt die Künstlerin gekonnt und andeutungsreich mit den Sujets ihrer Arbeiten und lässt so unter Vermeidung eines klar ausformulierten Motivs ein spannungsgeladenes „Dazwischen“, ein erwartungsvolles „Noch-Nicht“ entstehen!

Auch wenn der Betrachter in den Leitern, Geländern oder auch Raumschiffen Objekte oder Fragmente der realen Welt identifizieren kann, so werden ihm diese auf scheinbar sicherem Terrain gründenden Referenzen zugleich in der Konstellation der weiteren Figurationen der Arbeiten wieder zunichte gemacht. Auch die Vorliebe der Künstlerin für Materialien, die im herkömmlichen Alltagszusammenhang eingebettet, dort aber häufig verborgen sind – wie Dämm- und Isoliermaterialien – und die man daher für gewöhnlich nicht sehen, sondern nur spüren kann, sprechen von einem grundlegenden Zweifel am Sehen, woraus das Interesse an den Strukturen der Wahrnehmung und an den Prozessen der Bedeutungsgenerierung in ihren Arbeiten entspringt.

Während die Materialien ihrer Installationen roh, schlicht und zuweilen auch „arm“ sind, aber dennoch im Hinblick auf die Bildung der Bedeutung als eine Art „Grundton“ fungieren, entwickeln die identifizierbaren Gegenstände und Objekte hingegen „Hilfsfunktionen“, leiten den Blick, stützen ihn und koordinieren die körperliche und räumliche Orientierung des Betrachters. Sie führen ihn, eröffnen ihm Möglichkeiten, verbinden, stellen Zusammenhänge her, und verweigern sich gleichzeitig aber auch einer Eindeutigkeit und damit einer einschränkenden interpretativen Handlung. Das Halten und Festhalten, das sich beispielsweise in den Motiven wie den Gerüsten und Leitern wiederfindet sowie damit verbunden die Konstruktionen der Raumschiffe und Marssonden werden zu Zeichen, die, wie die Künstlerin es formuliert: „helfen sollen, ‚etwas’ zu tun“, d.h. sie stoßen den kognitiven Prozess an, sie strukturieren ihn, ohne ihn einzuschränken. So halten sie die Bedeutungsgenerierung in der Schwebe, ohne zu erzählen, und lassen die Form und Spannung im Raum durch den gegenseitigen Bezug der Dinge spürbar werden, ohne zu offensichtlich zu sein. Den Raum durch die Gegenstände, Eingriffe, Objekte und Materialien zu konstruieren, bedeutet für die Künstlerin, ihn erstehen und ihn zugleich auch in andere Räume übergehen zu lassen. Orientierungs- und haltsuchend bewegt sich der Betrachter durch den konstruktiven Parcours der Arbeiten, der ihn somit durch die kognitiven Schwierigkeiten der (Denk)Raumkonstruktion schickt.

Es bildet sich ein Raum im Raum, der in den vorhandenen Raum übergeht und sich diesem zugleich aber auch verweigert, indem er eigene Raumkonstrukte in den existierenden Raum einschreibt und diesen damit verwandelt, angreift oder gar auflöst.

Parallel zu den installativen Werken entwickelt die Künstlerin Malereien, die sich an ähnlichen Prinzipien wie die Raumarbeiten orientieren. Das Zusammentreffen verschiedenster Elemente und visueller Sprachsysteme auf der Leinwand, die nicht in einer Fusion ineinander aufgehen, sondern vielmehr reibungsvoll nebeneinander stehen, erinnert an die unterschiedlichen Raumkonzepte ihrer Installationen.

Auch in den Zeichnungen treten das Konstruktive, die räumlichen Konstruktionen sowie das Gerüst in den Vordergrund. Wobei auch hier jede Sprache ihre eigenen Gesetze besitzt, innerhalb derer jedes Element dieser Codes seine eigene Behauptung aufstellt. Die Fläche und der Raum bieten in den Arbeiten von Eva-Maria Kollischan hierbei verschiedene Lösungen für die gleiche Fragestellung an. In diesem schöpferischen Zusammenhang erscheint es dann nur konsequent zu sein, die Zeichnung mit Hilfe von Wand- oder Raumzeichnungen auf den Raum hin auszudehnen und damit wieder ein Gerüst, ein Behelfsmittel für die Installation der Malereien oder räumlichen Arbeiten zu schaffen. Die ästhetische Setzung der Wandzeichnung wiederum hintergeht den vorhandenen Raum und stößt so den unabgeschlossenen Signifikationsprozess an.

Der Titel der Ausstellung bei ZERO FOLD, für die Eva-Maria Kollischan eine großformatige Wandzeichnung aus Graphit erstellt, nimmt Bezug auf das Mineral Levyn, das zu den sog. Zeolithen zählt, und 1825 nach Armand LÈVY, Mathematiker und Kristallograph an der Universität von Paris, benannt wurde.

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Eva-Maria Kollischan
LEVYN