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Reflection Paper. Evelyn Taocheng Wang

12. Januar bis 14. März 2021

„Ich bin ein überaus unsicherer Mensch, wankelmütig und launisch. Meine Kunstwerke betrachte ich für gewöhnlich als Misserfolge, nicht im Entferntesten als gelungenes Resultat. Mein innigster Wunsch ist es, eine 100% persönliche Ausstellung aus einer ruhigen und gelassenen Stimmung heraus zu realisieren. In meiner Vorstellung ist die Kunstinstitution dabei ein Ort, an dem ich die nötige Konzentration aufbringen kann, um Geist und Auge in Einklang zu bringen. Ich stelle mir vor, dass die Malereien, die Architektur und das Interieur in einem dichten Bezugssystem miteinander verwoben sein würden. Doch am Ende löst sich das Versprechen nie ganz ein, und bei der nächsten Ausstellung beginnt der Kreislauf wieder von vorn.

Reflection Paper ist eine Art `Klinik´, in der ich abstrakte Gedanken und Emotionen von einigen Schriftsteller*innen zusammentrage, um „eine buchstäbliche Frau zu sein und meinen eigenen Schoß zu nähen“. Mit dieser vagen Hommage und einer Portion Großspurigkeit habe ich die schwierige und qualvolle Prozedur auf mich genommen, die Suche nach dem historischen Hintergrund mit dem Streben nach Freiheit zu verbinden. An dieser Stelle verabschiedet sich mein rationales Denken. Ich quälte mich durch Seiten, Texte, Sprachkurse, Verwaltungsapparate und Farbkombinationen, die ich in Schichten aufgetragen und anschließend laminiert habe, damit ich so weise würde, wie Agnes Martin es war. Auch sie filmte Blumen – oder wurde selbst zur Blume! Diese selbst designte Uniform zu tragen – äußerst bequem, 100% marineblaue Wolle – erinnert mich an die Hintergründe in Georgia O’Keeffes Blumenbildern. Diese Bilder sind meine persönliche Moderne, oder zumindest eine selbst erfundene Brücke.

Reflection Paper ist als kreisförmiger Garten angelegt, der die Besucher*innen zur Reflexion von Themen wie „Leben im Augenblick“ oder „Schönheit existiert nur in unserem Kopf“ einlädt, während sie durch die kaltweiß lackierte Umgebung schreiten und sich auf ihren Atem fokussieren. Da es sich bei meinen Kunstwerken um Fehlschläge handelt, belasse ich ihre Ästhetik und Kompositionen im Mutterboden der Meditation. Einigen wir uns darauf, dass „die Gegenwart ein Fragment ist“. Dieser Garten wird durch die übergroße geblümte Unterhose einer Großmutter geschützt. Sie soll langatmige und trübsinnige Reden unterbinden. Sie soll negative Schwingungen abschirmen. Sie soll alle negativen Zukunftssorgen zerstreuen. Von dort aus auf den Grabbeplatz blickend, an die Bewegung der Sonnensegel denkend, kaschiert sie deine Körpergröße. Das semitransparente Material der Unterhose lässt deinen Körper quasi mit dem Raum verschmelzen. Du musst also auf deine Intuition vertrauen, unter den Sonnensegeln – schließlich bist du nicht im Urlaub.“

–Evelyn Taocheng Wang

Die Ausstellung Reflection Paper wird von einem Veranstaltungsprogramm begleitet. Aufgrund der aktuellen Verordnung zur Eindämmung der Ausbreitung des SARS-CoV-2 Coronavirus, bleibt der Kunstverein bis auf Weiteres geschlossen. Wir hoffen, die Ausstellung so bald wie möglich für die Besucher*innen öffnen zu können. In der Zwischenzeit werden die Veranstaltung online veröffentlicht. Weitere Informationen dazu werden in Kürze auf unserer Webseite bekannt gegeben.

Anlässlich der Ausstellung entsteht eine erste umfassende Monografie zum Werk von Evelyn Taocheng Wang, die sich über deren persönliche Biografie und Aufenthalte an unterschiedlichen Orten entfaltet – beginnend mit ihrer Ankunft aus China in Bleckede, Deutschland, im Jahr 2008; gefolgt von ihrem Umzug nach Frankfurt am Main, um die Städelschule zu besuchen; einer Zeit in Amsterdam bei De Ateliers sowie in Rotterdam und zuletzt von Aufenthalten in Mönchengladbach und Düsseldorf. Da Evelyn Taocheng Wangs künstlerische Recherche stark von persönlichen Erfahrungen und Begegnungen geprägt ist, wird die Publikation anhand verschiedener Texte versuchen, deren Einfluss auf Wangs Zeichnungen, Gemälde, Collagen, Fotografien, Videoarbeiten, narrativen Texte, Installationen, Performances und Modekollektionen im Laufe der letzten dreizehn Jahre aufzuzeigen. Die Monografie wird vom Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen, Düsseldorf, gemeinsam mit Dancing Foxes Press, New York, herausgegeben und erscheint im Herbst 2021.

Kuratiert von Eva Birkenstock

Die Ausstellung wird gefördert durch
Landeshauptstadt Düsseldorf
Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen
Stadtwerke Düsseldorf
Mondriaan Fund
Königreich der Niederlande
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