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Fernand Léger (1881–1955) ist ein Klassiker. Der kühle Stil und die plakative Farbigkeit seiner Werke haben Kunstgeschichte geschrieben. Auch in der Sammlung Beyeler gehört Léger, der mit mehreren Hauptwerken vertreten ist, zu den wichtigen Künstlern. Sein berühmtes Wort, wonach das Hübsche der grösste Feind des Schönen ist, wurde zu einem Motto für die Haltung Ernst und Hildy Beyelers als Sammler insgesamt – Grund genug für die Fondation Beyeler, dem Künstler eine grosse Sonderausstellung zu widmen. Diese präsentiert sich als konzentrierte Retrospektive, die erstmals seit Jahrzehnten in der Schweiz einen Gesamtüberblick über Légers wesentliche Schaffensphasen von 1912 bis 1955 gewährt: Den Auftakt bildet das vom Kubismus beeinflusste, in Paris entstandene Frühwerk rund um die Femme en bleu und die Contrastes de forme, gefolgt von den legendären, in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg entstandenen Bilderreihen zum Thema der Stadt und der modernen Technik (La ville, Les disques). Über die formvollendeten Stillleben und Figurenbilder der Zwanziger- und Dreissigerjahre – darunter berühmte »tubistische« Gemälde der Zwanzigerjahre – führt die Ausstellung hin zu den monumentalen Werken aus der Zeit des amerikanischen Exils in den Jahren von 1940 bis 1945, etwa den spektakulären Gemälden zum zentralen Bilderkreis der Plongeurs, der Taucher. Den Abschluss bilden die Constructeurs und die farbenprächtigen grossen Gemälde der letzten Jahre, in denen Léger auf neue Art und Weise Zeichnung und Farbe separat voneinander behandelt hat.

Ausgewählte Arbeiten auf Papier und Légers bedeutender experimenteller Film Ballet mécanique von 1924 ergänzen die vor allem auf Gemälden basierende Schau. So wird Léger als einer der grossen, stilbildenden Künstler der Moderne in seiner ganzen Bandbreite fassbar. Es ist ihm gelungen, der von ihm mitentwickelten Formensprache der Moderne eine allgemein verständliche Ausdrucksweise zu verleihen. Nicht zuletzt unter dem Eindruck der erschütternden Jahre in den Schützengräben des Ersten Weltkriegs entfaltete Légers Kunst dabei mehr und mehr die ihr ganz eigene Humanität. Léger, der wie viele Künstler seiner Generation Mitglied der kommunistischen Partei war, interessierte sich in besonderer Weise für den Rhythmus der modernen Grossstadt und das Leben der Menschen in der Industrie-gesellschaft. Sein Werk hat auf die Kunst der Moderne einen grossen Einfluss ausgeübt, nicht zuletzt auf solche Stilrichtungen, die sich an monumentaler Gegenständlichkeit orientierten (Muralisten, sozialer Realismus, Pop Art).

Neben der Präsentation der klassischen Schaffensphasen Légers hat die Ausstellung einen besonderen, in ihrem Titel bereits anklingenden Schwerpunkt: Légers Beziehung zu Amerika. Anders als etwa Picasso hat Léger das Land mehrfach bereist (1931, 1935, 1938) und sich dort zudem – vor allem in New York – von 1940 bis 1945 mehrere Jahre als Exilant aufgehalten. In den USA entstanden wichtige Werke Légers, häufig als Auftragsarbeiten, von denen einige massgebliche – im Entwurf oder in ausgeführter Form – in der Ausstellung zu sehen sind: Namentlich erwähnt seien die Entwürfe für die Wohnung Nelson A. Rockefellers in New York und das monumentale, 10 Meter grosse Wandbild Les plongeurs, das Léger 1942 auf Long Island im Auftrag des Architekten Wallace K. Harrison anfertigte und das vom Museum Ludwig in Köln sensationellerweise für die Ausstellung geliehen wird. Léger war von Amerika ausserordentlich beeindruckt. New York als architektonisches Gesamtkunstwerk, der moderne, technische Geist des Landes und sein dynamischer Lebensstil haben den französischen Künstler tief geprägt und entsprechend Eingang in seine Arbeiten gefunden. Im Gegenzug hat auch Léger auf die amerikanische Kunst gewirkt. Schon früh tauchen erste Werke von ihm in den Staaten auf, und ab den Dreissigerjahren gehört er dort bereits zu den Leitfiguren der europäischen Moderne. Das Thema – »Léger und die Vereinigten Staaten« – ist zwar in der Literatur durchaus präsent, doch wurde es noch nie zum Gegenstand einer Ausstellung. Die Fondation Beyeler möchte diese Lücke schliessen und Léger auf neue Weise zeigen. Deshalb werden nicht nur wichtige in den USA entstandene Werke Légers in der Ausstellung prominent präsentiert, sondern auch bedeutende Arbeiten amerikanischer Künstler, die Anregungen Légers aufgenommen haben, miteinbezogen und mit seinen Werken in einen Dialog gesetzt.

Im Mittelpunkt stehen namhafte Vertreter der von Léger besonders geprägten Generation der amerikanischen Pop Art: Roy Lichtenstein (1923–1997), Ellsworth Kelly (1923), Kenneth Noland (1924), Robert Rauschenberg (1925), Al Held (1928–2005), Andy Warhol (1928–1987), Jasper Johns (1930), James Rosenquist (1933) und Frank Stella (*1936). Diese Künstler beziehen sich in ihrer Arbeit zum Teil ganz direkt auf Léger oder haben Konzepte weiterentwickelt, deren europäische Grundlagen massgeblich durch Léger vermittelt worden sind. Ein gutes Beispiel dafür ist der von Léger vorzugsweise verwendete assemblageartige Bildaufbau, wie er die oben genannten Künstler besonders interessiert hat. In der Ausstellung werden die Werke dieser Künstler als »Special Guests« in die retrospektiv angeordneten Léger-Säle miteinbezogen. Dies ermöglicht es, die Entwicklung Légers aus zeitgenössischer Perspektive zu sehen und so die Aktualität seiner Konzepte zu entdecken. Léger erscheint vor diesem Hintergrund nicht nur als der bekannte »Cheftechniker der Moderne« – sondern als europäischer Wegbereiter der Pop Art avant la lettre.

Die Ausstellung knüpft an eine Tradition der Fondation Beyeler an: Bereits 1999 führte die Ausstellung »Cézanne und die Moderne« anschaulich vor Augen, wie sehr die grossen Künstler der Moderne vom Meister aus Aix beeinflusst waren, und 2004 ging es in »Francis Bacon und die Bildtradition« umgekehrt darum aufzuzeigen, wie Künstler von Tizian bis Alberto Giacometti auf Francis Bacon prägend gewirkt haben. Mit der aktuellen Ausstellung wird in dieser Reihe die Frage nach Fernand Légers Wirkung auf die amerikanische Kunst aufgeworfen. Ellsworth Kelly und die Roy Lichtenstein Foundation in New York haben bei der Konzeption der Ausstellung mitgewirkt.

Gezeigt werden insgesamt über 100 teils grossformatige Werke, darunter rund 80 Gemälde, eine Auswahl von Arbeiten auf Papier und ein Film von Fernand Léger sowie rund 20 Gemälde und mehrere Arbeiten auf Papier amerikanischer Künstler. Bedeutende Leihgaben zur Ausstellung steuern unter anderem bei das Musée national Fernand Léger in Biot sowie das Kunstmuseum Basel, die Nationalgalerie in Berlin, das Art Institute in Chicago, das Museum Ludwig in Köln, die Tate in London, das Solomon R. Guggenheim Museum, das MoMA und das Metropolitan Museum in New York, das Musée d’Art Moderne de la Ville de Paris und das Musée National d’Art Moderne (Centre Pompidou) in Paris sowie das Philadelphia Art Museum. Ebenfalls werden wichtige Arbeiten aus privaten Sammlungen in aller Welt in die Ausstellung integriert.

Kurator ist Philippe Büttner, Fondation Beyeler.

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog im Hatje Cantz Verlag, Ostfildern, mit Essays von Christian Derouet, Brigitte Hedel-Samson, Yve-Alain Bois, Philippe Büttner, Raphaël Bouvier und Daniel Kramer, einem Interview mit Roy Lichtenstein von Katherine Jánszky Michaelsen sowie einer ausführlichen Biografie zu Fernand Léger von Nelly Maillard. Ebenfalls enthalten sind Statements amerikanischer Künstler zu Léger, darunter eigens für diese Ausstellung verfasste von Ellsworth Kelly, James Rosenquist und Kenneth Noland. Der Band umfasst 208 Seiten mit 201 Abbildungen, davon 190 Abbildungen in Farbe.

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Fernand Léger
Paris - New York

Kurator: Philippe Büttner