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Die städtebauliche Diskussion hat sich längst vom Modell Kernstadt vs. Stadtrand verabschiedet. Heute wird von Phänomenen der „Zwischenstadt“, des „urban sprawls“, des „Verdichtungsraumes mit Wohngürtel“ oder bildhaft vom urbanen „Rührei“ gesprochen. Diese Entwicklung ist eine Herausforderung für mediale Strategien in der Tradition der topografischen Fotografie, die neue urbanistische Phänomene mit zeitgemäßen Mitteln darstellen wollen.

Die Ausstellung „Ferne Ränder“ und die begleitende Publikation im Zürcher Magazin dieklasse magazin #3 (dieklasse@hgkz.ch) sind das Ergebnis eines einjährigen Gemeinschaftsprojektes der HGB Leipzig und der HGK Zürich 2004-05. Studierende der Leipziger Klasse für Fotografie und Medien und des Zürcher Studienbereichs Fotografie haben während zweier Semester zum Thema „Zwischenstadt“ zusammengearbeitet und sich mit dem sich stetig ausbreitenden neuen „Stadtland“ auseinandergesetzt. Die HGB Leipzig und die HGK Zürich setzen damit eine inhaltliche Kooperation zu diesem Thema fort, die bereits 2001-02 zur Ausstellung „Psychoscape" geführt hatte.

Anliegen des Projektes „Ferne Ränder“ ist es, durch den Vergleich der Situationen in Leipzig und Zürich die Wahrnehmung für die Qualitäten und Besonderheiten der eigenen urbanen oder suburbanen Verhältnisse zu schärfen. In Form von „Feldforschungen“ wurden Eigenheiten, Ähnlichkeiten und Unterschiede der Stadtlandschaften an beiden Orten untersucht und diskutiert. Entstanden sind 18 Sichtweisen auf die „Zwischenstadt“, welche den Grenzbereich zwischen dokumentarischer Beobachtung und subjektiver Interpretation neu ausloten.

Leipzig ist als ostdeutsche Großstadt Teil des aktuellen Diskurses "Shrinking Cities ". Trotz der Schrumpfung weist Leipzigs Stadtrand eine hohe Entwicklung von Neubaugebieten auf, die eine Ausweitung der Ränder nach sich zieht. Entgegen dem herkömmlichen Bild von Stadt mit dichter Bebauung, konzentriert sich etwa Anna Schäfer in ihrer Arbeit auf den perforierten Stadtraum mit seinen Baulücken und Brachen. Die rechts und links angrenzenden Hauswände nutzt sie im Bildaufbau als Rahmen für die gewonnene Sicht auf den sich öffnenden Stadtraum. Lilo Bauer beschäftigt sich mit dem Gebiet eines Kanalbauprojektes am Leipziger Stadtrand, das die Hafenanbindung bringen sollte, aber nicht fertig gestellt wurde. Ihre Bilder zeigen die temporäre Zwischennutzung durch Menschen, die sich dieses Gebiet als Freiraum zurückerobern.

Die Zürcher Studierenden unternahmen „Forschungsreisen in die Zwischenstadt", um Phänomene der Verstädterung ganzer Landschaftsräume zu erkunden. Wesentlich war es dabei, einen konkret umrissenen Ort oder ein bestimmtes Phänomen in einer definierten Zone zu untersuchen. Im Zentrum stand die Auseinandersetzung mit den neuesten Entwicklungen der Re-Urbanisierung und Verdichtung in den Agglomerationsgebieten. So zeigt Giuseppe Micciché neue Architektur um den Flughafen Zürich. Die Schwarz-Weiß-Fotografien erzeugen eine eigenartige Atmosphäre von Offenheit und Ortlosigkeit. Katrin Ritz macht am Beispiel der neu erstellten Siedlung Sonnenberg in Niederglatt surreale Dimensionen von Raumgestaltung sichtbar. Mehrere Arbeiten beschäftigen sich mit der Beziehung von Mensch und Umgebung. Daniel Grieser porträtiert Bewohner und Bewohnerinnen der Zwischenstadt als „Grenzgänger“ zwischen verschiedenen Gemeinden unter einer Autobahnbrücke im Glattal. Daniel Fehr und Markus Frietsch erkunden in Selbstinszenierungen den poetischen Gehalt scheinbarer Un-Orte, und Lydia Lymbourides beauftragte eine Schulklasse aus Schlieren zu fotografieren, was ihnen an ihrer Stadt gefällt.

Parallel zur Zürcher Station der Ausstellung ist vom 22. Oktober 2005 – 12. Februar 2006 im Fotomuseum Winterthur die Ausstellung „TRANS EMILIA – Sammlung Linea di Confine. Territoriales Erkunden“ in der Emilia Romagna zu sehen. Die seit 1989 existierende kommunale Initiative mit Auftragsprojekten in der italienischen Provinz Reggio Emilia war eine wesentliche thematische Anregung für das Projekt der beiden Hochschulen. Es bietet sich damit die Möglichkeit, die Arbeiten der Studierenden in Hinblick auf ihr Verhältnis zu zentralen zeitgenössischen Positionen im Feld der topografischen Fotografie zu betrachten.

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Ferne Ränder
Ein Gemeinschaftsprojekt zum Thema Stadtlandschaft
Hochschule für Grafik und Buchkunst, Leipzig und Hochschule für Gestaltung und Kunst, Zürich

Stationen:
30.09.05 - 15.10.05 Spinnerei Leipzig, Halle 9
26.10.05 - 05.11.05 Hochschule für Gestaltung und Kunst, Zürich

mit Arbeiten der StudentInnen der Klassen Fotografie und Medien, Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig / Studienbereich Fotografie, Hochschule für Gestaltung und Kunst Zürich:
Lilo Bauer, Mirjam Dröge, Daniel Fehr, Markus Frietsch, Christian Fürholz, Daniel Grieser, Andy Heller, Aline Henchoz, Marlene Hrubesch, Sibylle Koch, Lydia Lymbourides, Jan Mammey, Giuseppe Micciche, Kathrin von Ow, Katrin Ritz, Anna Schäfer, Mareike Spalteholz, Anja Weber, Anna-Katharina Wittmann