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Fiona Connor#8
Closed for Installation, Sequence of Events
27.06.2019 - 01.09.2019
28.Grafisches Kabinett

Eröffnung: Mittwoch, 26.06.2019 19:00 Uhr

Die neuseeländische Künstlerin Fiona Connor reproduziert in ihren skulpturalen Installationen Gegen-stände und Strukturen des Alltagslebens. Durch ihre Nachbildungen von Anschlagtafeln, Trinkbrunnen,Möbeln oder Türen macht sie nicht nur auf diese oft übersehenen Dinge und ihre Formen aufmerksam,sondern zeichnet auch Geschichten und Mikroökonomien von Gemeinschaften nach. Viele ihrer Arbeitenentstehen in Reaktion auf die Infrastruktur der Orte und Umgebungen, an denen sie ausgestellt werden, und legen dadurch die Mechanismen offen, die unsere Interaktionen mit Kunst beeinflussen können. Ausden Skulpturen spricht die große Neugier, mit der die Künstlerin untersucht, wie Dinge gemacht werden.Sie spielen mit der Ambivalenz zwischen Handarbeit und industrieller Produktion und den Grenzen einesKunstobjekts.Für ihre Ausstellung in der Secession,#8, Closed for Installation, Sequence of Events, hat Connor einenWerkkomplex von 23 Bronzeobjekten entwickelt. Dargestellt ist das Werkzeug, das für gewöhnlich beimAufbau einer Ausstellung zum Einsatz kommt, wie Maßband, Lineal, Bleistift, Montagewagen usw. DieSkulpturen verhandeln die Prinzipien von Arbeit und Instandhaltung, indem sie Werkzeuge reproduzieren,die auf der ganzen Welt ähnlich aussehen, aber zum Zeitpunkt der Ausstellungseröffnung normalerweiseaus dem Blickfeld verschwunden sind.

Außerdem realisierte die Künstlerin im Rahmen ihrer Ausstellung zwei Projekte außerhalb der Secession: Eines im Karl-Marx-Hof, wo sie eine allgemeine Anschlagtafel nachgebaut hat, um sie für die Dauer derAusstellung in einem privaten Apartment zu platzieren; und das zweite in einem anderen WienerGemeindebau, wo sie eine normale Zimmertür mit einer Tür aus einem Haus in Los Angeles dauerhaftvertauscht.

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Interview mit Fiona Connor

Annette Südbeck: Für deine Ausstellung in der Secession hast du Bronzeskulpturen gießen lassen, diealle Werkzeuge nachbilden, die für gewöhnlich beim Aufbau einer Ausstellung zum Einsatz kommen. Wiewürdest du die Produktionsprozesse dieser Nachbildungen beschreiben? Beruhen sie auf einer genauenBeobachtung oder wendest du eher mechanische Techniken an?

Fiona Connor: Eine Mischung aus beidem – die Auswahl der Objekte beruht auf Beobachtungen undAufzeichnungen, ich sammle und zeichne. Dann musste ich für mich klären, wie ich sie gießen wollte. Ichhabe mit drei verschiedenen Gießereien zusammengearbeitet, die jeweils eigene Herangehensweisenund Techniken verwenden. Manche der Werkzeuge entstanden in Anlehnung an die Herstellung derOriginale im Sandgussverfahren, während bei den chaotischeren Formen wie den PlastiktütenSilikonformen zum Einsatz kamen; bei einigen der Objekte habe ich beide Techniken kombiniert.

AS: Inwieweit bedeutet dir die Idee des Handgemachten etwas, also zum Beispiel in dem Sinne, dass dieBetrachterInnen die Berührung durch die Hand des Künstlers oder der Künstlerin wahrnehmen können?

FC: Es geht mir darum, die Unterscheidung zwischen handgemachten und massengefertigten Objektenzu verunklaren, zum Beispiel indem ich etwas mache, das wie ein Industrieprodukt wirkt, aber in Wirklichkeit handgemacht ist. Ich interessiere mich für diese Ambivalenz und mag es auch, wenn dieUmwelt auf ein Objekt einwirkt, etwa durch Verwitterung oder Abnutzung, und es sich dadurch verändert.

AS: Du hast zudem zwei Projekte in Wiener Gemeindebauten realisiert. Was ist die Idee dahinter?

FC: Für meine Ausstellung wollte ich die Secession mit diesen anderen Orten in Wien verbinden, woLeute heute wohnen. Die Arbeiten gehören zu einem fortlaufenden Projekt namensSequence of Events, das vor allem aus permanenten Installationen in Wohnungen besteht. Das Zuhause ist ein Ort, an demman mit Objekten lebt und sie benutzt; ein Umfeld, in dem Kunstwerke ein kleineres Publikum haben,das sich ihnen dafür über längere Zeit zuwendet und eine dauerhafte Beziehung zu ihnen aufbaut. DieVersetzung der Anschlagtafel von einem öffentlichen Bereich im Karl-Marx-Hof in eine Wohnung drehtgewissermaßen das Gebäude auf links; der Türentausch zwischen Los Angeles, wo ich wohne, und Wienverweist auf eine andere Art von Austausch und Verbindung.

AS: Gibt es einen Zusammenhang zwischen diesen Arbeiten und denen, die du in der Secession zeigst?

FC: Bei der Installation von Werkzeugen, die normalerweise weggeräumt werden bevor eine Schaueröffnet wird, und den Interventionen in Wohnräumen außerhalb der Secession geht es gleichermaßenum eine Kompromisslosigkeit im Ausstellungsmachen – um die physischen und zeitlichen Grenzen einerSchau.

AS: War das auch Teil deiner Überlegungen, diese Bronzearbeiten doppelt zu produzieren und zeitgleichim Sculpture Center in New York und in der Secession in Wien zu zeigen?

FC: Ich denke viel über das Repetitive und zugleich Besondere jedes Aufbaus nach – die Instand-haltungsroutinen und üblichen Abläufe, die jede Ausstellung einzigartig machen. Die Bronzeobjektewerden in beiden Ausstellungen dieselben sein, aber verschieden installiert sein und dadurch aufverschiedene Weise Arbeit verkörpern. Interessanterweise hatten beide Ausstellungsräumlichkeiten in ihr em früheren Leben etwas mit Instandhaltung zu tun – das Sculpture Center war ein Straßenbahn-ausbesserungswerk, das Grafische Kabinett der Secession eine Hausmeisterwohnung.

AS: Mit Blick auf das Konzept der Nachbildung von etwas als solches, was, denkst du, kennzeichnet dieKluft zwischen Original und Kopie, zwischen Quelle und Kunstwerk?

FC: Einen Gegenstand nachzubilden erfordert eine gewisse Besessenheit: Man sieht ihn sich an undzeichnet ihn und kartografiert ihn und tüftelt aus, wie man ihn nachbilden kann – man versetzt sichsozusagen in ihn hinein – und wenn er fertig ist, geht, obwohl er einen an das Original erinnert, eineandere Wärme von ihm aus, weil er durch einen anderen Körper und mittels anderer Werkzeugeübersetzt worden ist.

AS: Die Techniken des Reproduzierens sind ja eng verbunden mit dem Konzept der Appropriation. Esgab in der Geschichte der Appropriation viele unterschiedliche Ansätze, die KünstlerInnen der Pop Artetwa widmeten sich vor allem anonym produzierten Waren, während die KünstlerInnen der sogenannten Pictures Generation einige Jahre später sich auf die Bildwelt der Massenmedien konzentrierten. Wiewählst du das, was du reproduzieren willst, aus? Was sind deine Parameter? Mir ist zum Beispielaufgefallen, dass viele deiner Werke aus sozialen Zusammenhängen stammen und die Nutzung vonObjekten thematisieren.

FC: Mich interessiert, Kunst über das gesellschaftliche Leben zu machen und Skulpturen zu schaffen, aufdenen man sitzen kann. Einen Gegenstand nachzubilden ist für mich ähnlich wie eine Fotografie ein Weg,mir etwas zu eigen zu machen, ohne direkt in das gesellschaftliche Gewebe einzugreifen, in dem ich es vorgefunden habe.

Fiona Connor, geboren 1981 in Auckland, lebt und arbeitet in Los Angeles.

Das Ausstellungsprogramm wird vom Vorstand der Secession zusammengestellt.

Kuratorin: Annette Südbeck