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18.09.2022 - 20.11.2022

FRANCIS UPRITCHARD. A Loose Hold

Die Skulpturen von Francis Upritchard (*1976, Neuseeland, lebt und arbeitet in London) sind zwischen Realismus und Fantasie angesiedelt; sie sind theatralisch, aber auch eine scharfe Beobachtung der menschlichen Natur. Ihre Werke bestehen aus einer Vielzahl von Materialien wie Gummi, Bronze, Stein und Glas und untersuchen sowohl materielle als auch ästhetische Aspekte humaner und anthropomorpher Formen. Upritchards Arbeit stützt sich auf handwerkliche Traditionen und Design, und verbindet Referenzen aus Science-Fiction und Folklore mit antiken Skulpturen und dem Tierreich.

In A Loose Hold schafft die Künstlerin eine skulpturale Rauminstallation, der sie humane und anthropomorphe Formen verleiht und die sie sorgfältig zu geheimnisvollen Umgebungen arrangiert. Oft schmücken handgewebte Decken, krawattengefärbte Seidenstoffe und massgeschneiderte Kleidungsstücke die geschickt gefertigten Skulpturen, welche manchmal mit gefundenen Objekten kombiniert werden. Die variierende Massstäblichkeit der Skulpturen, die winzig oder monumental sein können, fordert im Zusammenspiel mit ihrer Präsentationunseren Blick heraus.

Upritchards Werke sind von Neugier und der Erforschung der menschlichen Form charakterisiert. Am ausgeprägtesten widerspiegelt sich das Menschenähnliche in der Gruppe bekleideter Figuren, die von Hand in Polymerton modelliert werden und etwa einen Meter hoch sind. Gesicht, Arme und Füsse sind in einer Palette monochromer Farben oder mit geometrischem Muster bemalt. Die kultur- und zeitübergreifenden Skulpturen widersetzen sich einer einfachen Kategorisierung und lassen mehrere Lesarten zu. Zum Beispiel trägt keine eine Uniform, sodass man sie einem bestimmten Beruf zuordnen könnte. Stattdessen ist die Kleidung seltsam.

In jüngster Zeit hat Upritchard intensiv mit Form und Material experimentiert und eine Gruppe von Dinosauriern und anderen Wesen aus Extrakten von wilden Gummibäumen geschaffen. Sie wirken natürlich, zur selben Zeit aber monumental und brutal in der Ausführung. Einige dieser Arbeiten sind in Bronze gegossen, wodurch sie weniger biegsam werden und eine andere Wahrnehmung von Materialität bedingen. Der Wildgummi verleiht der Ausstellung ihren Namen – A Loose Hold. Er stammt von einer Beschreibung über die Arbeit mit dem Material: Es braucht eine gewisse Geschwindigkeit und Lockerheit, damit sich der Gummi geschmeidig oder authentisch anfühlt.

Eine weitere Inspiration für die Ausstellung war der fantastische Roman Piranesi (2020) der britischen Autorin Susanna Clarke. Die Erzählung spielt in einem Haus, das eine Paralleldimension – bestehend aus einer unerschöpflichen Anzahl von Gängen und Atrien – darstellt, die bei den Eintretenden nach und nach zum Verlust der Erinnerung führt. Die sehr visuelle Sprache beschreibt detailliert die vielen gigantischen Statuen sowie andere Attribute des Hauses, wie seine Treppenstufen. In der Ausstellung finden wir Spuren, welche ein Gefühl von Clarkes fiktivem Haus anklingen lassen. Die Skulpturen in der Salle Poma sind keine archetypischen Darstellungen, sondern Objekte, die alle nach ihrer eigenen Auffassung lesen können, egal welchen Geschlechts und Alters. Beängstigend oder freundlich: Das kann von der Stimmung der Betrachter*innen abhängen.

A Loose Hold ist die erste Einzelausstellung der Künstlerin in der Schweiz. Sie beinhaltet über 100 Werke, wobei Upritchard alle – mit einzelnen Ausnahmen – eigens für ihre Solopräsentation in Biel neu geschaffen hat.

Publikation
Ergänzend zur Ausstellung erscheint eine monografische Publikation in drei Sprachen (eng/dt/fr) in Kooperation mit dem Verlag Dent-De-Leone, London, mit Texten von Stefanie Gschwend und der 12-jährigen LPPL.

Kuratorinnen der Ausstellung
Stefanie Gschwend und Felicity Lunn