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Die isländische Künstlerin Gabríela Friđriksdóttir (1971) lebt und arbeitet in Reykjavik. Durch ihre Teilnahme an der Biennale Venedig (Isländischer Pavillon, 2005) mit der Installation „Versations/Tetralógía“ sowie ihrer grossangelegten Schau im Migros Museum für Gegenwartskunst, Zürich (2006) hat ihr Werk internationale Beachtung erfahren. Erstmals in der Schweiz zeigt die Galerie Bob van Orsouw im Rahmen einer Einzelausstellung den jüngsten Film „Ouroboros“. Die Präsentation schliesst an die Gruppenausstellung „Through the Looking Glass“ an, in welcher bereits 2006 die enigmatischen Tuschzeichnungen von Friđriksdóttir vorgestellt wurden.

Das zeichnerische Werk stellt nicht nur den Ausgangsort für die Exploration anderer Medien dar (Malerei, Skulptur und Film). Es verbindet sich mit diesen zu einer Bildsprache, die sich narrativer Stoffe bedient, gleichzeitig aber lineare Erzählstrukturen aufbricht. Die für die menschliche Psyche konstitutiven Grundgefühle der Angst und Isolation sowie die Frage nach dem Ursprung und Sinn des Seins werden in den Kontext nordischer Sagen und Schöpfungsmythen gestellt. Der Filmtitel „Ouroboros“ greift das kulturübergreifende Symbol der sich in den Schwanz beissenden Urschlange auf. Die von ihr verkörperte endlose Wiederkehr von Tod und Wiedergeburt wird von Friđriksdóttir als „the eternal cycle of the renewal, the creation out of destruction“ bezeichnet. Analog zum früheren Werkzyklus „Inside the Core“, in dem die Ziffer Acht inhaltliche und formale Dominante war, speist sich auch „Ouroboros“ aus numerologischen Bezügen. Die sieben Wirbel der Urschlange bilden zahlenmässiges Gerüst und Leitfaden des Films. In sieben Szenen finden vor dem Hintergrund isländischer Naturschönheit mystische bis surreale, oftmals ins Groteske übersteigerte Handlungen statt. So begegnet auf dem Höhepunkt des Films Sybille, die aus ihrem Mund schwarze Steine gebiert, dem in majestätischer Gestalt auftretenden Tod. In einer anderen Szene legen sich die Erinnerungen eines alten Paares in Form weissen Mehlstaubs auf ihren Körpern ab, so als ob es sich dabei um die konkrete Emanation ihrer Seelen handeln würde. In einer anderen Episode sitzen zwei kannibalische Wesen in einer Höhle und fröhnen ihrer Gier. Ihre Köpfe sind, wie in einem Horror B-Movie, aus rohem Fleisch geformt. Diese von Triebhaftigkeit und Gewalt gesteuerte Szene hebt sich von der subtil-poetischen Handlung in einem anderen Filmabschnitt ab. Eine Frau beträufelt Brotlaibe mit Tinte, die anschliessend in den Ofen geschoben werden. Brot tritt leitmotivisch auch in früheren Arbeiten auf und verweist, wie andere Materialien (z.B. getrocknete Fischkörper), auf symbolische und metaphorische Bedeutungszusammenhänge.

In „Ouroboros“ trifft rauhe Archaik auf technische Perfektion und makellose Filmästhetik. Das Paradox scheint Programm. Nicht nur das Chaos menschlicher Gefühle kontrastiert mit der ruhigen Weite der isländischen Landschaft. Auch das existentielle Unbehagen der Protagonisten steht in einem unauflöslichen Widerspruch zum kosmischen Lauf der Dinge. Im Unterschied zum Film nehmen sich die in der Ausstellung gezeigten Zeichnungen und Malereien in ihrer Reduziertheit nahezu abstrakt-grafisch aus. Erst die Skulptur, ein Tisch auf dem Gegenstände aus dem Film arrangiert sind, ruft in ihrer haptischen Qualität wieder Assoziationen an einzelne Sequenzen wach. Friđriksdóttir mutet wie eine Magierin an. Mit ihrer verschlüsselten Bildsprache konstruiert sie unter Berufung auf tradierte Schöpfungsmythen eine Wirklichkeit, in der Traum und Vernunft, Okkultes und Faktisches zu einem phantastischen Amalgam verschmelzen.

Birgid Uccia

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Gabriela Fridriksdottir
ouroboros
Kuratoren: Birgid Uccia/Bob van Orsouw