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Die Opelvillen in Rüsselsheim zeigen während der Fußballweltmeisterschaft 2006 eine Ausstellung, die das Großereignis thematisiert. Zu sehen sind 21 internationale Künstlerinnen und Künstler mit rund 150 Werken zum Phänomen Fußball. „Geld schießt keine Tore!“ ist als Familienschau für Kinder und Erwachsene, für Fußballbegeisterte und die, die es noch werden wollen, konzipiert.

Der Titel „Geld schießt keine Tore!“ geht zurück auf eine Aussage des legendären Trainers Otto Rehhagel, der 2004 unerwartet die griechische Nationalelf zum EM-Sieg führte. Die Opelvillen zeigen unter dem Rehhagelschen Motto zur Weltmeisterschaft 2006 eine Ausstellung verschiedener zeitgenössischer Künstler, die sich unterschiedlich dem Phänomen Fußball nähern. Die auf den ersten Blick verschieden erscheinenden Welten von Fußball und bildender Kunst spielen zusammen und dokumentieren Parallelen in Kreativität, Ästhetik, technischem Können, Motivation oder Passion.

„Es war eine Herausforderung, bildnerische Werke nach fußballwirksamen Kriterien zu prüfen. Eines wurde schnell klar, auch Künstler können Fußballfans sein.“ (Dr. Beate Kemfert, Kuratorin der Ausstellung und der Opelvillen). Die Frage, ob Geld nun Tore schießt oder nicht, beschäftigt nicht nur die Kenner des Sports. Wie im Sport ist auch in anderen Gesellschaftsfeldern der Erfolg nicht unbedingt ein Ergebnis der Höhe der Investition.

Als Fußballromantiker könnte wohl der Schweizer Massimo Furlan bezeichnet werden. Nicht ohne Witz stellt er mit der Idee, jeder könne Profi-Fußballer werden, das legendäre Finale Deutschland-Italien, Madrid 1982, nach, indem er anstelle der echten Protagonisten alleine im Lausanner Stadion gegen 22 Geister ohne Ball spielt. Furlan schießt zwanzig Jahre später live übertragen im regionalen Fernsehen ebenfalls kein Tor und ändert die Geschichte nicht. Der Kommentator in Furlans Video ruft die großen, unvergessenen Spieler auf.

Der Fußballkenner weiß um die Taten der Rasenhelden und verehrt die Großen der Zunft. Die Konterfeis der Spieler füllen Sammeralben und können per Starschnitte in Menschengröße zusammengesetzt werden. „Fußball war für mich die erste bewusste ästhetische Erfahrung. Das fing bei den kleinen Sammelbildchen an. Da ging es zum einen natürlich um vorpubertäre Identifikationen, zum anderen aber bereits um ein frühes Schönheitsideal, das einem in der einfachen Komposition eines Spielerportraits begegnete. Es gab damals für mich, etwa im Alter zwischen vier und 12, kaum ein schöneres Bild als das eines Fußballprofis im Trikot seiner Vereinsmannschaft (Schönheitsempfinden hat offensichtlich sehr viel mit Identifikation zu tun).“ (Michael Kerkmann)

Auch Jochen Flinzer betrachtet das Anschauungsmaterial der Fußballbranche, selektiert Spieler und Zeichen. Flinzer verwendet in seiner Arbeit Text- und Bildvorlagen, die er in ungegenständliche Zeichnungen und Strukturen überführt (meist durch Nadel und Faden). Die Auswahl der Vorlagen ist sehr emotional und subjektiv. Der Künstler stellt mit „Der Ball ist rund“ Anthony Yeboah, Olaf Thon und Stephan Chapuisat auf. Die abstrakte Rückseite seines Paravents folgt dann objektiven Regeln.

Susken Rosenthal beobachtet ebenfalls mit Distanz. Die Künstlerin realisiert Portraitzeichnungen von Fußballspielen. Ihre Fußballzeichnungen sind seismographische Aufzeichnungen der Ballbewegungen, die sie simultan zum Spielverlauf vor dem Monitor mitzeichnet. Die entstehenden Liniennetze werden an den Stellen dichter, an denen mehr Bewegungsenergie besteht. Jürgen Krause schneidet von Hand mit einem Messer möglichst runde Löcher in weiße Papiere. Die herausgeschnittenen Papierscheiben benutzt er als Konfetti, das über die Weltmeister 2006 während der Abschlussfeier geworfen werden soll.

Olaf Nicolai ist in der ehemaligen DDR aufgewachsen. Heute widmet sich der Künstler vermehrt scheinbar geschlossenen Systemen: Die Möglichkeit „freien“ Spiels wird von ihm in der Ausstellung „Geld schießt keine Tore!“ ausgelotet, indem er elf Fußbälle, die an Leinen miteinander verbunden sind, zeigt. Es ist möglich, die Bälle gemeinschaftlich zu spielen: „Wenn die Mannschaft gut ist“, sagt der Künstler.

„Die Zukunft des Fußballs ist weiblich“, verspricht das Künstlerduo Jurt und Pridgar mit einem Zitat von Joseph Blatter. Ihre Installation „Mia“, 2002 zeigt 22 Röckchen, die aus verschiedenen Fußballtrikots der Ligen unserer Welt genäht sind. Sie thematisiert eine neue Möglichkeit der Vermarktung, die aber auch kritisch Starkult, Geschlechterrollen und Voyeurismus betrachtet.

Ingeborg Lüscher lässt die beiden Fußballmannschaften Grasshoppers Zürich und FC St. Gallen in Maßanzügen der Designerfirma Trussardi gegeneinander spielen. Der Ball verwandelt sich zuweilen in ein Laptop, das ins Tor fällt. Handys und Aktenkoffer schwirren durch die Luft, platzen auf, doch das Spiel geht weiter. Es geht um Leidenschaft und Ekstase, gleichzeitig aber auch um die Analogie von Business und Sport, Arena und Börse.

Sogar die Tatsache, dass mittlerweile Millionensummen selbst für mittelmäßige Spieler gezahlt werden, bewahrt nicht vor idealistischen Träumen. Rehhagel zumindest hat gezeigt, dass das Fußballspiel durch Geld nicht berechenbar wird.

Biographische Angaben zu den Künstlerinnen und Künstlern

Jörg Boström 1936 in Duisburg, lebt und arbeitet in Berlin und Lansen. Ulrich Emmert 1976 in Nürnberg, lebt und arbeitet in Berlin. Hans Peter Feldmann 1941 in Düsseldorf, lebt und arbeitet in Düsseldorf. Jochen Flinzer 1959 in Bad Harzburg, lebt und arbeitet in Hamburg. Massimo Furlan 1965 in Lausanne, lebt und arbeitet in Lausanne. Heinz Hausmann 1959 in Ederen, lebt und arbeitet in Düsseldorf. Jochem Hendricks 1959 in Schlüchtern, lebt und arbeitet in Frankfurt am Main. Henning Kappenberg 1965 in Oberg bei Peine in Niedersachsen, lebt und arbeitet in Berlin. Michael Kerkmann 1962 in Kleve, lebt und arbeitet in Köln. Jürgen Krause 1971 in Tettnang, lebt in Frankfurt am Main. Ingeborg Lüscher 1936 in Freiberg, lebt und arbeitet in Tegna, Schweiz. Olaf Nicolai 1962 in Halle an der Saale, lebt und arbeitet in Berlin. Yumiko Okui 1966 in Hyogo, Japan, lebt und arbeitet in Köln. Moni Port 1968 an der Mosel, lebt und arbeitet in Frankfurt am Main. Rainer Neumeier 1975 in Cham, lebt und arbeitet in Berlin. Susken Rosenthal 1956 in Stuttgart, lebt und arbeitet in Baitz, Brandenburg. Andreas Slominski 1959 in Meppen, lebt und arbeitet in Hamburg. Nasan Tur 1974 in Offenbach, lebt und arbeitet in Frankfurt am Main. Svetlana Zyabkina 1975 in Minsk, lebt und arbeitet in Düsseldorf. Jacqueline Jurt 1973 in der Schweiz Harald Pridgar *1968 in der Schweiz, leben und arbeiten in Frankfurt am Main.

„Football – Open Space“ – Aktuellstes aus deutschen Kunsthochschulen

Erneut bieten die Opelvillen Kunststudentinnen und -studenten eine Plattform zur Erstpräsentation ihrer Arbeiten. Die Sektion „Football – Open Space“ versteht sich als Appendix der Ausstellung „Geld schießt keine Tore!“ Der Wettbewerb „Football – Open Space“ wurde an allen deutschen Hochschulen für die Studierenden ausgeschrieben. Gefragt wurde nach Arbeiten aus den Kategorien Tafelbilder, Objekte und Installationen sowie DVD-Präsentationen.

Qualifiziert zur Ausstellung haben sich: Frank Brümmel Akademie der Bildenden Künste Nürnberg Claudia Müller Hochschule für Bildende Künste, Hamburg Moritz Walser Akademie der Bildenden Künste München Meike Lohmann Akademie für Bildende Künste Nürnberg Jürgen Lehmeier Akademie für Bildende Künste Nürnberg Elke Mark Kunsthochschule für Medien Köln

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Geld schießt keine Tore!
Aktuelle Kunst zum Phänomen Fußball
Kuratorin: Beate Kemfert

Künstler: Jörg Boström, Ulrich Emmert, Hans-Peter Feldmann, Jochen Flinzer, Massimo Furlan, Heinz Hausmann, Jochem Hendricks, Jaqueline Jurt / Harald Pridgar, Henning Kappenberg, Michael Kerkmann, Jürgen Krause, Ingeborg Lüscher, Olaf Nicolai, Yumiko Okui, Rainer Neumeier, Susken Rosenthal, Andreas Slominski, Nasan Tur, Svetlana Zyabkina

Football - Open Space / Kunststudenten:
Frank Brümmel, Claudia Müller, Moritz Walser, Meike Lohmann, Jürgen Lehmeier, Elke Mark