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Galerie Max Hetzler zeigt vom 6. Mai bis 25. Juni 2005 die Skulptur X. Baracke, 1986, von Georg Herold in der Holzmarktstraße 15-18, S-Bahnbogen 48, Berlin-Mitte.

Jörg Heiser: Warum X. Baracke?

Georg Herold: X wie zehn – die zehnte Station des Kreuzwegs. Aber es hat keiner wahrgenommen, mit einer Verbissenheit, die erstaunt. Für mich ging es zunächst um die massive Wand von Steinen, um eine gewisse schlichte physische Ausstrahlung. Und um Architektur und Konstruktion, denn drinnen ist ein Kantholz-Gerüst. In der Baracke ist ein Foto angebracht. Das Foto habe ich in Belgien in einer verrotteten, verschimmelten Kirche aufgenommen: ein lapidares Pappschild weist darauf hin, dass die zehnte Station des Kreuzwegs gerade restauriert wird.

JH: Das passt also doppelt: das schnöde Pappschild und die zehnte Station, bei der Jesus seiner Kleider entledigt wird. Die Baracke ist die moderne Ruine, nicht mehr das Überbleibsel, sondern das, was nie etwas geworden ist.

GH: Die Baracke als Desaster.

JH: In Deutschland denkt man natürlich auch sofort an Lager, KZ. Ich muss auch sofort denken an: Gerhard Merz auf den Boden der Tatsachen holen.

GH: Das ist sowieso mein Programm – Dinge vom Sockel holen, zum Beispiel „Skulptur vom Sockel erschlagen" (1992) ist auch eine Arbeit, die das deutlich macht.

JH: Das Problem ist offenbar, dass man mit „armen" Materialien problemlos Erhabenheit, Aura erzeugen kann – siehe Beuys. In diesem Sinne ist Ihr Ansatz ein Gegenprogramm.

GH: Ich war immer mehr ein Vertreter der realen Bestandsaufnahme. Nicht das Abgehobene, sondern die nackte Tatsache. Das ist auch meine Auffassung zum Thema „Vergangenheitsbewältigung": sie wird nicht bewältigt, sondern einfach Gegenwart bleiben. Das ist bei solchen Arbeiten wie X. Baracke präsent: wir leben heute nicht wo anders, sondern wir leben genau da – und auch in diesem vergangenen Moment.

[Jörg Heiser im Gespräch mit Georg Herold; Auszug aus dem Buch: Georg Herold, X. Baracke, 1986, verlegt von Holzwarth Publications, Berlin 2005, anläßlich der Ausstellung X. Baracke in der Galerie Max Hetzler]

Die Skulptur X. Baracke, 1986, Bimsstein, Holz, Fotografie, 190 x 200 x 700 cm, wurde erstmals 1986 im Westfälischen Kunstverein in Münster gezeigt. 1992 war die Skulptur auf der Documenta IX in Kassel ausgestellt, 2003 im Institute of Visual Culture in Cambridge/ England.

Georg Herold, 1947 in Jena geboren, lebt und arbeitet in Köln. Seit 1984 stellt er regelmäßig in der Galerie Max Hetzler aus.

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