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Die Ausstellung Geste,, die vom 24. Mai bis 3. August 2014 im Württembergischen Kunstverein in Stuttgart zu sehen ist, rückt die menschliche Geste in den Blick und nähert sich ihr aus philosophischer, medialer und künstlerischer Perspektive.

Dabei setzt sie an dem Zeichen- und Aufführungscharakter der Geste, ihrer Medialität und Theatralität an. Es geht um das, was die Geste zugleich vorführt und überspielt, nämlich ein Unvermögen zu sprechen, eine Sprachhemmung, das „Sich-Nicht-Zurecht-Finden“ des Menschen in der Sprache. Der Fokus liegt also nicht so sehr auf dem Ausdruckspotenzial der Geste als vielmehr auf einer Sprachverlegenheit, auf die sie verweist: jenen Knebel, der (in der englischen Sprache) zugleich ein Witz ist – und der sich im Titel der Ausstellung in gewisser Weise durch das Kommazeichen ankündigt.

Die Ausstellung kreist um die Ambivalenz der Geste: das heißt, um das, was sie sagt und verschweigt, das was sie zeigt und verbirgt, aber auch um ihre Ansiedlung zwischen Aktivität und Passivität, Bewusstem und Unbewusstem, Steuerung und Außer-Kontrolle-Geraten, Tanzen und Taumeln. Gehen ist bekanntlich nichts anderes als ein vorübergehender Gleichgewichtsverlust. Kurz vor dem Fallen gewinnt man die Balance zurück und kann sich schadlos fortbewegen. Irgendwo dazwischen könnte man die Geste vermuten.

Die Geste ist immer zugleich Dynamik und Stillstand. Sie erscheint in der Unterbrechung einer Bewegung, auf die sie zugleich verweist. Insofern sind ihr die Techniken von Fotografie und Kino, die Bewegung einfrieren, in isolierte Gesten zerhacken und neu zusammenfügen, auf besondere Weise eingeschrieben. Ihnen kommt in der Ausstellung zentrale Bedeutung zu, haben doch erst Fotografie und Film bestimmte Bewegungsabläufe als Abfolgen einzelner Gesten sichtbar gemacht, ganz zu schweigen von den Pathosformeln und Zuckungen, Posen und Possen, die uns die Fotografie und das frühe Kino hinterließen. Sie zeugen, so Agamben, vom Verlust der Geste am Ende des 19. Jahrhunderts. „Im Kino“, so schreibt er, „versucht eine Gesellschaft, die ihre Gesten verloren hat, sich das Verlorene wieder anzueignen, und registriert zugleich den Verlust.“ …