Museum Rietberg, Zürich

Museum für Kunst aus Asien, Afrika, Amerika und Ozeanien | Gablerstrasse 15
8002 Zurich

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Darstellungen von Göttinnen und Göttern sind in Indien nicht nur ästhetisch erfreuende Gemälde, sondern helfen gläubigen Hindus auch, sich ein „inneres“ Bild des Göttlichen zu machen. Um diese Vision zu erleben, muss der Gläubige sich zuvor die Gottheit vor Augen führen, und zwar in jener bildlichen Gestalt, die für sie schon vor Jahrhunderten festgelegt wurde. Zu diesem Zweck schaffen in Indien Berufsmaler Andachtsbilder gemäss der Beschreibungen, die sich in den heiligen Texten finden: Dort ist für jede Gottheit genau festgelegt, welche Hautfarbe und Kleidung sie auszeichnet, wie viele Arme sie besitzt, welche Embleme sie in den Händen hält, ob sie mehr als zwei Augen oder mehr als einen Kopf hat, wie ihr Thron oder ihr Reittier beschaffen ist und welche Stimmung sie verbreitet. Jede Gottheit kann sowohl fürchterlich und Angst einflössen als auch sanft und gütig wirken. Neben diesen Verehrungsbildern gibt es aber auch Gemälde, die von ihren Taten berichten. Oft als Folge mehrerer Bilder konzipiert, illustrieren sie das Wirken der übernatürlichen Mächte.

Die zahlreichen Göttinnen des hinduistischen Pantheons gelten als Erscheinungsformen einer einzigen Göttin, der Devi, auch wenn sie verschieden aussehen können und unterschiedlich handeln. Die Devi schafft den Kosmos in jedem Zeitalter neu. Sie formt ihn durch maya, die Illusion, die gewirkt ist aus Raum und Zeit. Am Ende zerstört sie diesen Kosmos wieder, um – wenn es ihr beliebt – ihn in einer weiteren Weltperiode erneut ins Leben zu rufen. Auch kämpft die Göttin immer wieder gegen die Dämonen, welche sich Himmel und Erde untertan machen wollen.

Aber Göttinnen werden von hinduistischen Theologen häufig auch als shakti, als „Energie“ der Götter aufgefasst, während diese, die Gatten der Göttinnen, als shaktiman, „Träger der Energie“ bezeichnet werden. Man sagt dann, Göttinnen seien wie der Sonnenschein, der das kosmische Geschehen hervorrufe, während der Gott selbst als nicht leuchtende Sonne nur eine leblose Kugel sei. Viele Bilder der Ausstellung illustrieren, dass stets das männliche und das weibliche Prinzip zusammenwirken müssen, um den Fortbestand der Welt zu gewährleisten. Das Götterpaar Shiva und Parvati lebt dies vor: Die vollständige Vereinigung beider erscheint als Ardhanarishvara, „der Gott, der zur Hälfte Frau ist“.

Die ausgestellten kleinformatigen Gemälde sind im 16. bis 19. Jahrhundert in Familienwerkstätten als Pigmentmalerei auf Papier angefertigt worden. Die Bildserien und illustrierten Manuskripte sind meist Auftragsarbeiten gewesen, Einzelbilder haben sich Pilger zur Erinnerung an Tempelfeste im Bazar gekauft.

Katalog Zur Ausstellung ist ein Katalog erschienen, der die Vielfalt der indischen Göttinnen präsentiert. ISBN 3-907077-19-9

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Göttinnen - Indische Bilder aus vier Jahrhunderten
Park-Villa Rieter