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Hier kommt zusammen, was eigentlich nicht zusammen gehört. Wenn die Abgeordneten in Parlamenten ihre verbal geführten Auseinandersetzungen über Handgreiflichkeiten entladen, wird die Demokratie ad absurdum geführt. (Körperliche) Gewalt, so der common sense, ist ein Widerspruch zu einer zivilisierten politischen Kultur, wie er in Parlamenten gepflegt werden soll. Und doch arten die unterschiedlichen Auffassungen in Sachfragen immer wieder rund um den Erdball in Raufereien aus. Bilder von mehr oder weniger deutlichem Raufhandel gibt es unter anderem aus Parlamenten in Asien und Europa, aus jüngster Zeit sind Fälle aus Südkorea, Thailand, der Ukraine oder der Türkei bekannt.

Pressefotos frieren diese Momentaufnahmen der politischen, meist männlichen Erregung ein. Zu sehen sind Menschengruppen in erstarrten Haltungen, wobei Abgeordnete gewürgt und gestoßen, geschoben, gerempelt oder Ähnliches werden. In einigen Szenerien erinnern die Abbilder der übersteigerten Leidenschaft an (barocke) Gemälde mit religiösen Motiven: Hell-Dunkel-Szenerien, gepaart mit manierierten Posen, pathetischen Armhaltungen, fratzenhaften Antlitzen oder dynamischen Körperverwicklungen.

Die Grazer Künstlergruppe G.R.A.M. hat aus einer Vielzahl internationaler Pressefotos zehn Motive von Schlägereien in internationalen Parlamenten ausgewählt und mit Statisten an einem realen Ort der Politik - dem Gemeinderats-Sitzungssaal der Stadt Graz - nachgestellt. Dieses Reenactment verweist einerseits auf die unterschiedliche Lesbarkeit der zeitgeschichtlichen Bild-Zeugnisse und befragt den Wirklichkeitscharakter des Mediums der Fotografie. Das Inszenieren des Spontanen verunsichert und stellt Fragen: Was sind die Gründe für die Aversionen in der Männerrunde? Ein Abbild der Wirklichkeit oder ein performativer Akt?

Mit der nachgestellten Serie der handgreiflich gewordenen Politiker baut G.R.A.M. auch eine inhaltliche Brücke zu dem bereits 1999 realisierten Projekt Unschuldige Anarchisten, in dem Szenenbilder aus klamaukhaften Stan & Olli-Filmen nachgestellt wurden.

Zur Ausstellung erscheint der neue Band von G.R.A.M. (Deutsch/Englisch): Reenactments (1998-2011), Ediciones Polígrafa, Barcelona, 2011 ISBN: XXXXXX

Aus der Serie CONVERSATIONS: G.R.A.M. und Nationalratsabgeordneter Werner Kogler sprechen über Parlamentarismus in Österreich Samstag, 12 Uhr, 2011

Die österreichische Künstlergruppe G.R.A.M. wurde 1987 in Graz gegründet. Günther Holler-Schuster und Martin Behr leben und arbeiten in Graz.

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G.R.A.M. (Günther Holler-Schuster, Ronald Walter, Armin Ranner, Martin Behr)
Hohes Haus