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„Grenzen anderer Natur – Zeitgenössische Fotokunst aus Island“ zeigt Werke isländischer Foto- und Multimediakünstler, die sich mit natürlichen und von Menschen geschaffenen Landschaften auseinandersetzen. Die Ausstellung beleuchtet die wesentliche Rolle der künstlerischen Fotografie in der Erforschung der komplexen Beziehung der Isländer zu ihrer natürlichen Umwelt. So zeigt „Grenzen anderer Natur“ mehrdeutige Landschaften, in denen die Fotografen auf Erkundung gehen und visuelle Narrative von den Weiten des Landes oder deren Verlust entwerfen. Die Landschaft wird hier oft zur Metapher für Begehren, Entfremdung, Pracht und Ehrfurcht, Tradition, Ironie und Rebellion.

Einige der Künstler beschäftigen sich besonders mit denexpandierenden Grenzen des städtischen Lebens und sprechen damit die extremen wirtschaftlichen Veränderungen an, die das Land in den letzten zehn Jahren erlebt hat. Der jüngste unter ihnen, Ingvar Högni Ragnarsson (geb. 1981), hat beispielsweise ein Jahr lang einen Zaun um eine Baustelle in Reykjavik so fotografiert, als handele es sich um eine Mauer, die soziale, technologische oder sogar politische Welten trennt. Ironie und Sehnsucht durchziehen die Serie von Hrafnkell Sigurðsson (geb. 1963), die auf Parkplätzen und an Straßenrändern angehäufte Berge von Schneeresten zeigt. Kinder würden diese wohl gerne erklettern, während sich andere Passanten bei ihrem Anblick möglicherweise nach dem Sommer oder nach einem echten Ausflug in die Berge sehnen. Die Fotografin Bára Kristinsdóttir (geb. 1960) führt uns zu den Überresten einer surrealen Welt, die jedoch für Isländer einen wesentlichen Bestandteil ihres Lebens bilden: die geothermischen Gewächshäuser.

Haraldur Jónssons (geb. 1961) fortlaufende Serie TSOYL (The Story of Your Life) ist eine Zusammenstellung menschengemachter Fundstücke aus Vorstadtlandschaften oder es sind auf ereignislosen Reisen gemachte Entdeckungen. In seinen Fotografien macht er sich die Ungewissheit der Natur zu Eigen und zweifelt am Idyll. Unbestimmtheit spielt eine Schlüsselrolle in der Arbeit „Nowhere Land“ von Katrin Elvarsdóttir (geb. 1964). Die entwurzelten, verrottenden Bäume zeugen vordergründig von den extremen inneren Kräften, die das Land formen. Elvarsdóttir fotografiert sie in einer geheimnisvollen Atmosphäre. Von 2003 bis 2009 fotografierte Pétur Thomsen (geb. 1973) für seine Arbeit „Imported Landscape“ das Kárahnjúkar Wasserkraftwerk im Osten der Insel, dessen Stausee das größte Naturreservat in Europa vernichtete. Die großformatigen farbigen Dokumentarbilder verführen durch ihre Muster, ihr Format und ihre Texturen und offenbaren gleichzeitig den monumentalen Maßstab und die Aggressivität, die von dem Bau des neuen Kraftwerks ausgehen.

In „Mother Earth“ entwickelten die drei Künstlerinnen der Icelandic Love Corporation (Sigrún Hrólfsdóttir (geb. 1973), Jóni Jónsdóttir (geb. 1972) und Eirún Sigurðardóttir (geb. 1971)), eine Landschaftsskulptur in Form einer dreieckigen Play-Taste. Eine automatische Kamera fotografiert die Skulptur von oben und dokumentiert, wie sich ihr Aussehen im Laufe der Zeit und unter dem Einfluss der Umwelt verändert. Die Kombination aus Land Art und Fotografie signalisiert die kreativen und destruktiven Kräfte der Natur und wirkt wie eine Warnung, nicht nur für die Bewohner der Erde, sondern möglicherweise auch für Außerirdische.

Die Arbeiten von Einar Falur Ingólfsson (geb. 1966) sind eine Auswahl von Land- schaftsfotografien, die er ab 2007 als einen Dialog mit Kunstwerken des englischen Malers William Gershom Collingwood schuf. Collingwood war 1897 durch ganz Island gereist, um Orte zu malen, die in den bekannten isländischen Sagas beschrieben sind. Ingólfsson, der schon für frühere Projekte aus den Sagas schöpfte, zeigt hier symbolisch einen visuellen Saga-Führer des 21. Jahrhunderts, für den er sorgfältig recherchiert und mit einer Großformat-Kamera fotografiert hat.

Der Fotokünstler und Filmemacher Spessi (geb. 1956) setzt sich mit spezifischen Orten eingehend auseinander und dokumentiert sie akribisch. Er greift hier nicht nur auf Aspekte der Umwelt- und Landschaftsfotografie zurück, sondern analysiert die Orte als Abbilder des modernen Lebensstils. Er zeigt auf, wie der Mensch die Natur verändert, sie benutzt und Lebenswelten definiert.

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Grenzen anderer Natur
Zeitgenössische Fotokunst aus Island
Kuratoren: Celina Lunsford, Christiane Stahl in Zusammenarbeit mit Inga Lara Baldvinsdotti und Maria Karen Sigurdardottir

Künstler: Bara Kristinsdottir, Einar Falur Ingolfsson, Haraldur Jonsson, Hrafnkell Sigurdsson, Icelandic Love Corporation , Ingvar Högni Ragnarsson, Katrin Elvarsdottir, Petur Thomsen, Spessi