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Gülsün Karamustafa wurde am 2.12. 1946 in Ankara geboren und zählt seit den 70er Jahren zu den wichtigsten Künstlerinnen der Türkei. Sie lebt und arbeitet in Istanbul - einer Stadt, die sie als wesentlichen Bestandteil ihres Schaffens ansieht, die aber zugleich als Mikrokosmos für Themen von globaler Bedeutung funktioniert. Im Fokus der Stadt spiegeln sich die politischen und gesellschaftlichen Verwerfungen und Konflikte, deren Auswirkungen Gülsün Karamustafa am eigenen Leib erfahren musste: Wegen politischer Aktivitäten wurde ihr in den 70er und 80er Jahren mehrfach der Pass entzogen und sie wurde schließlich sogar zu einer kurzen Haftstrafe verurteilt.

Seit Beginn ihrer künstlerischen Tätigkeit nutzt Karamustafa verschiedene Medien und Techniken. In den 80er Jahren löst sie sich von der figurativen Malerei und konzentriert sich auf Fotografie und Installation. In den letzten Jahren wendet sie sich besonders dem Medium Film bzw. der Videoarbeit zu. Dieses Medium erlaubt ihr Geschichten eindringlich zu erzählen, poetische Momente festzuhalten sowie historische und soziale Zusammenhänge zu veranschaulichen. Im Mittelpunkt ihres Werkes stehen Themen wie die Suche nach der eigenen Identität, die politischen Bedingungen und die Motivation der Migration, die Rolle der Frau in der Türkei und der durch die Armut auf dem Lande begründete Zustrom von Menschen in die türkischen Städte. Gülsün Karamustafa untersucht das Gesicht der Türkei dabei unter historischen wie auch aktuellen Gesichtspunkten, stets mit Blick auf die schwierige Identität des Landes an der Nahtstelle zwischen Europa und Asien.

Die nun in Bonn im Rahmen der Biennale Bonn: Bosporus 2008 im Kunstmuseum präsentierte Arbeit spiegelt ein denkwürdiges Kapitel in der Geschichte Istanbuls. Der Winter 1953/1954 war extrem kalt, so kalt, dass Eisschollen vom Schwarzen Meer bis nach Istanbul trieben und sich in der Meerenge des Bosporus stauten – eine damals viel fotografierte (temporäre) Sehenswürdigkeit. Mit Fotografien und einer Videoarbeit ruft Gülsün Karamustafa dieses Ereignis, das Istanbul zur südlichsten Stadt des ‚kalten Nordens’ machte, ins Gedächtnis. Istanbul - so lautet wohl die metaphorische Botschaft - ist keiner Weltregion eindeutig zuzuordnen. Es liegt zwischen Norden und Süden, Orient und Okzident und bezieht gerade aus diesen Spannungen seine – auch künstlerische – Vitalität. Gülsün Karamustafas Werk ist hierfür ein anschaulicher Beleg.

Bei dem speziell für Bonn konzipierten Ausstellungsprojekt handelt es sich um eine Kooperation des Kunstmuseums Bonn und der Biennale Bonn: Bosporus 2008.

Kurator: Dr. Christoph Schreier, Tel. 0049 (0)228 776212

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Gülsün Karamustafa
Bosphorus 1954
Kurator: Christoph Schreier