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Pressetext

Family of Equivocations ist die erste institutionelle Ausstellung der Künstlerin Haegue Yang in Frankreich. Die Museen der Stadt Straßburg präsentieren die Arbeiten der Künstlerin in der Aubette 1928, einem von Theo van Doesburg, Jean Arp und Sophie Taeuber-Arp in den 1920er Jahren gestalteten Vergnügungskomplex, und im Museum für moderne und zeitgenössische Kunst.

Die einzigartigen und komplexen Arbeiten von Haegue Yang wirken kraftvoll und haben zugleich eine zarte Erscheinung. Sie weisen vielfache kulturelle, gesellschaftliche und politische Bezüge auf und setzen sich auf neue Art mit den Archetypen der künstlerischen Avantgarde auseinander. Das Ergebnis ist ein sehr eigenständiges, facettenreiches Werk.

Im Ciné Dancing der Aubette ist Yangs Serie Sonicwears (2013) zu sehen, die von den Ausstellungsbesuchern benutzt und getragen werden sollen. Im Festsaal werden zwei Dress Vehicles (2012) gezeigt. Diese mobilen Skulpturen aus Aluminiumjalousien, Glöckchen, Strickwolle und Makramee erinnern an die Kostüme des Triadischen Balletts von Oskar Schlemmer und an die Marionetten von Sophie Taeuber-Arp und zeugen von Yangs Auseinandersetzung mit der Formensprache der Avantgarde.

Allerdings bleiben diese Zitate immer diskret und verstärken lediglich die emotionale Wirkung, die von raumgreifenden Installationen wie Blind Curtain – Flesh behind Tricolore (2013) ausgeht. Das aus Aluminiumjalousien bestehende Werk bildet den Auftakt der Ausstellung im Museum für moderne und zeitgenössische Kunst und ist gleichzeitig eine geeignete Einführung in Haegue Yangs Formensprache.

Die Verwendung von industriell hergestellten Produkten, der Rückgriff auf wiederverwendete Innenseiten von Briefumschlägen wie in den Trustworthies (fortlaufend seit 2010, eine neue, für die Ausstellung gefertigte Reihe der Collagenserie Trustworthies bezieht sich direkt auf die Kunst von Sophie Taeuber–Arp und Emma Kunz) und die damit verbundene poetische Annäherung an die geometrische Komposition, schaffen eine vieldeutige Spannung zwischen Alltäglichem und Außergewöhnlichem. In der fotografischen Arbeit Gymnastics of the Foldables (2006) verkörpert ein Wäscheständer diese Alltagspoesie. Von der Künstlerin als zentrales Motiv ihrer Komposition in Szene gesetzt, entfaltet dieser Gebrauchsgegenstand sein ganzes formales Potential. Das Objekt ist in Yangs Werk ein ganz besonderer Protagonist. Sie gibt ihm die Hauptrolle (Non-Indépliable, azuré, 2010), bringt seine Schönheit zur Geltung wie in der Serie der Hardware Store Collages (2012-2013) oder tut ihm Gewalt an wie bei den Non-Foldings (2013) und Imperfections (2010), zwei Kompositionen aus zerdrückten und verformten Origami.

In einer Zeit, da sich die Gesellschaft angesichts wirtschaftlicher, politischer und sozialer Verunsicherung neu definiert, zeugen Haegue Yangs Arbeiten von einem neuen Blick der Kunst auf die Gesellschaft. Die Künstlerin (1971 in Seoul geboren, Wohnort Berlin und Seoul) vertrat Südkorea 2009 bei der Biennale von Venedig. Sie stellte im New Museum New York (2010), im Kunsthaus Bregenz, im Aspen Art Museum, im Modern Art Oxford und im Arnolfini Bristol (2011) aus und nahm 2012 an der dOCUMENTA (13) in Kassel teil. Für das Haus der Kunst in München gestaltet sie im Rahmen eines jährlichen Kunstauftrags eine monumentale Installation, die bis Ende September 2013 zu sehen ist.

Zur Ausstellung erscheint der erste französisch-englische Katalog der Künstlerin. Er enthält ein Interview von Camille Giertler und Estelle Pietrzyk mit Haegue Yang, unveröffentlichte Beiträge von Patricia Falguières und Doryun Chong sowie Übersetzungen von Texten und Interviews von Anne Wagner, Binna Choi, Eungie Joo, Doryun Chong und Yilmaz Dziewior.

Kuratorin: Camille Giertler, verantwortlich für „L’Aubette 1928“