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Im lichten Halbdunkel aus brutaler Kultiviertheit und schwelgerischer Härte des film noir halten sich die Bilder von Anne Hoenig. Darin sind sie der abgebrühten Vehemenz eines Raymond Chandlers und seines melancholischen `hard-boiled idiom´ aus stilistischer Hochsprache und krudem Straßenjar- gon verwandt, welches sie fruchtbar aufnimmt. Mit überschwänglich expressiver Lichtführung, zerschrägten Bildanschnitten sowie mitleidloser Observanz und malerischer Entrückung blickt Anne Hoenig auf regendüstere Straßen, verlotterte Hotels und Bars, verruchte Nachtklubs, verborgene Geheimnisse, wohlhabende Bigotterie und derbe Einfachheit, auf trügerisch verlockende femmes fatales und beschwört so das beunruhigende Gefühl auswegloser Verunsicherung herauf.

Zum filmisch harten Realismus tritt ihre lange Beschäftigung mit Tizian, Caravaggio und Rubens, Rembrandt, Velázquez und Vermeer hin zu Edward Hopper, Christian Schad oder Lucian Freud. Fortwährend übernimmt und verbindet Anne Hoenig unterschiedlichste Charaktere, zerlegt und bricht allseits bekannte Posen. In zahlreichen Variationen entfaltet sie verstörende und abseitige, laszive und sinnliche Bildinnen- räume, in die sie vereinzelte, ganz bei sich seiende Frauen- gestalten legt oder stellt.

Erstaunlich ist hierin, wie Anne Hoenig den außerordentlichen Realismus ihrer Malerei als Formalismus nutzt. Alle Präzision in Beobachtung und Modellierung, die gleichermaßen bestechende Schärfe in Ding und Figur, Raum und Detail künden von einer abstrakt ornamentalen Auffassung, welche jegliches Ge-schehen in eine schwer fassliche Ferne drängt. Denn neben der realistischen Schärfe bedient sie sich eines erstaunlichen suspense-Moments, das offen lässt, was geschehen ist oder noch geschehen könnte.

Im Dazwischen der Erwartung eines Ereignisses und dessen ausbleibender Erfüllung verharren die Bilder in rätselhafter Schwebe. Es sind die Zwischentöne und das entschiedene Halbdunkel, mit welchen Anne Hoenig inmitten traut verruchter Idylle und verbrecherischen Ahnungen, Härte, effektvollen Stilisierungen und formalen Entrückungen offenbart, dass man Undurchsichtigkeit und Unklarheit aushalten muss, um zu den eigen-willigen Bildfiguren, zur Malerei selbst zu gelangen. Und derart abgebrüht und wehmütig, hartgesotten und schwelgerisch ‚scheint’ mit einem Mal selbst das Unwirkliche umso fesselnder und vor allem umso wirklicher: Hard-boiled Painting.

Zur Ausstellung erscheint ein umfangreicher Katalog im Kerber Verlag Bielefeld.