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Eröffnung Freitag, 4. Juli 2008, 19 h, Einführung Jörg van den Berg

Heike Kati Barath malt übergroße Bilder. 300 cm Höhe können gerade einmal für die Büste eines schwarzhaarigen Mannes reichen. Die Opulenz dieser Übergrößen trifft vielfach auf Sujets von entwaffnender Naivität und Leichtigkeit. Blonde Mädchen, trotzig, stark und verletzlich zugleich, stehen einem ebenso entgegen wie haarlose Grazien, Cousinen, Hirschmann, van Gogh, alter Mann, alte Frau, Japaner, Schwarzafrikaner, Skifahrer, Alienmädchen oder eine unheimlich-bedrohliche Schwarze Maske. Die Bildwelten erinnern ebenso Bullerbü wie alltägliche Spießergesellschaft ebenso Horror, Science-Fiction oder Comic. Entsprechend bewegen sich die Farbpaletten der Bilder zwischen himmelblauer Kindlichkeit und schwärzester Abgründigkeit, wobei die Perfektion und Leichtigkeit der Malerei oftmals konterkariert wird von den disproportionierten Unzulänglichkeiten der dargestellten Figur. So wird der Betrachter zwischen grotesk-bedrohlichen Übertreibungen und der Suggestion einer bis in den Kitsch abdriftenden Kuscheltierästhetik hin und her gerissen.

Barath erzählt Geschichten, ohne erzählerisch zu sein. Ihre Figuren bewegen sich nicht, sie stehen, sie präsentieren sich, sie gehen nicht von der Stelle, prägen sich ein, stellen sich zur Schau, bauen sich auf: „Kommst du?“ Es entsteht ein unausweichliches Gegenüber zwischen gemalter Figur und Betrachter, das zügig in eine nur bedingt angenehme Penetranz kippen kann. Penetrieren kann bei diesen Bildern eigentlich alles: ihre entwaffnende Naivität, die Gewöhnlichkeit ihrer Sujets, die Reduktion des innerbildlichen Angebots (zumeist auf eine Figur), die Maßlosigkeit ihrer Dimension, die gesteigerte Unmittelbarkeit ihrer Farben. Vielleicht sind es deshalb noch viel eher die Übersteigerungen einer Comic-Ästehtik oder noch mehr die cineastischen Bildwelten der übertrieben großen Kinoleinwände, aus denen sich diese Malereien ableiten ließen, an die diese Malereien erinnern können. Prinzessin Mononoke gehört ebenso dazu wie die Mutanten aus X-Men.

Die figurativen Bildwelten von Heike Kati Barath können ins Psychodelische kippen. „Welche Sorte ich?“ fragt einmal Winnie the Puuh, der wohl intelligenteste Teddybär, dem man in der Kinderbuchliteratur begegnen kann. Die Frage hilft, wenn man sich dabei ertappen sollte, im Gegenüber der Barathschen Bilder das Ich der Künstlerin erfragen zu wollen. Es sind Bilder, die durchaus nach einem Ich fragen, die aber den Betrachter zu keinem Zeitpunkt mit einer privatistischen Nabelschau konfrontieren. Das „wer bin ich“ weitet sich dabei durchaus nicht zu einem unverbindlichen „wer sind wir“. Eher mag man an einen der wunderbar lapidaren Sätze von Philip Guston – ohne Frage eine der zentralen Referenzen aus der Geschichte der neueren Kunst für Baraths Malerei – denken, der 1980 kurz vor seinem Tod in einem Interview gesagt hat: „I want to be a stranger to myself.“

Das Lächeln und das Grauen treffen in diesen Bildern in ungebremster Direktheit aufeinander, ohne dass man sich entscheiden müsste. Es kann passieren, dass man sein inneres Schmunzeln nicht verliert, obwohl man gleichzeitig die medialen Bilder des gesellschaftlichen Alltagshorrors in aller Nachhaltigkeit erinnert. Nicht nur in dieser Hinsicht sind Baraths Bilder von einer einzigartigen entblößenden Kraft.

Die Ausstellung ist die bisher größte Einzelausstellung der Kölner Künstlerin und entsteht in Kooperation mit dem Bregenzer Kunstverein / Magazin 4.

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Heike Kati Barath
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