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Für den niederländichen Künstler herman de vries bildet Natur als ‚primäre wirklichkeit’ die Basis seines Werkes. Der seinem fränkischen Wohnort Eschenau benachbarte Steigerwald ist sein großes Atelier: Hier beobachtet er Prozesse des Werdens und Vergehens, sammelt Pflanzen, Steine, Erden, Holzkohle, durch die Natur veränderte Artefakte. Gehen, Schauen, Beobachten, Auswählen, Sammeln sind Grundkonstanten seiner Arbeitsweise. Fast wie ein Wissenschaftler geht er vor, wenn er Pflanzen, Blätter derselben Pflanzenart, die Funde aus einer bestimmten Gegend archiviert und weitestgehend ohne verändernde Eingriffe vor weißem Papierhintergrund gerahmt präsentiert. Die Anordnung innerhalb seiner oft vielteiligen Werke ist nicht hierarchisch. In übersichtlichen Reihen neben- und übereinander regt sie zu vergleichendem Sehen an. Er zeigt die Dinge aus der Natur an sich, in ihrem Sosein, ohne sie mit (symbolischer) Bedeutung aufzuladen.

Ausgehend von dem für den Künstler zentralen Konzept ‚chance & change’ werden in seinem Werk immer wieder Prozesse sichtbar: Zufall und ständige Veränderung, die unablässig Neues hervorbringen, Chaos und Ordnung als integrale Konstanten der Natur.

Der Ausstellungstitel all this here fasst programmatisch die philosophischen Vorstellungen des Künstlers von einer sich im Hier und Jetzt realisierenden und mit allen Sinnen erfahrbaren Einheit von Natur, Kunst, Religion zusammen. Der Schwerpunkt der Ausstellung liegt auf vielteiligen Werken: - journale, umfangreiche Sammlungen von sehr unterschiedlichen Gegenständen, die in einem bestimmten Zeitraum, in einer bestimmten Gegend beobachtet und gesammelt wurden; - botanische werke, Pflanzenreihungen von Blättern oder Pflanzen derselben Art; Vegetationsschnitte (Ausschnitte aus der Wirklichkeit der Natur); - vergänglichkeitswerke, Artefakte, die wieder in den Kreislauf der Natur aufgenommen wurden; - from earth, Ausreibungen von Erden aus den unterschiedlichsten Regionen der Welt als konkrete Bilder von Landschaften, die durch ihre je eigene Materialität vergegenwärtigt sind.

Die Bodeninstallationen rosa damascena aus getrockneten, stark duftenden Rosenblüten ist eine Referenz an die erste Begegnung von herman de vries und Joseph Beuys 1984 beim Aufbau der Ausstellung von hier aus – Zwei Monate neue deutsche Kunst in Düsseldorf. Während herman de vries für rosa damascena drei Stunden lang von einer Leiter aus 108 Pfund stark duftende Rosenblüten auf den Boden streute, stand Joseph Beuys daneben, schaute zu und beide Künstler unterhielten sich angeregt.

Sprache und Schrift – einzelne Wörter, philosophische oder poetische Texte – sind wichtige Elemente im OEuvre von herman de vries. textwerke begleiten die ‚Realien’ aus der Natur: in einem lange andauernden, meditativen Akt tausendfach mit Pastellkreiden auf große Papierbögen geschriebene Worte wie ‚unity’ oder ‚chaos’. Zum ersten Mal werden im Museum Schloss Moyland Fotos von statements der letzten Jahre gezeigt. Als statements bezeichnet herman de vries Aktionen, die er – oft zusammen mit seiner Assistentin Marion Reißner – nackt, schweigend und ohne Publikum in der Natur vollzieht. Der Künstler verfolgt damit ein Konzept der Einheit von Mensch und Natur, von Ausdruck und Handlungen jenseits der Sprache, auch wenn diese nur vorübergehend erfahrbar sind.

Eine große Auswahl an Künstlerbüchern und Editionen dokumentiert das breite Spektrum von herman de vries als Autor, Buchgestalter und Herausgeber. herman de vries möchte Menschen in den Städten, die die Beziehung zur Natur verloren haben, durch sein Werk zu einem erneuten, ehrfurchtsvollen Umgang mit der Natur und einem neuen Verhältnis zur sinnlich erfahrbaren Welt anregen: eine auch mit den Mitteln der Kunst zu erspürende und zu vermittelnde Einheit des Menschen mit der vielgestaltigen, sich ständig verändernden Natur.

Publikation Zur Ausstellung erscheint ein vom Künstler gestaltetes Katalogbuch mit 148 Seiten, 68 ganzseitigen, teilweise ausklappbaren Farbtafeln und Texten von Cees de Boer, herman de vries, Heinz Mack, Henry Noltie, Erich Schneider, Barbara Strieder, Aurélie Tiffreau und Katharina Winterhalter.