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Hermine Anthoine sucht die Nadel im Heuhaufen

Französische Bildhauerin Hermine Anthoine zielt mit Werken in Bronze und Keramik auf sinnliche Erfahrungen

Stipendium Just: Erste Residenzstipendiatin in Düsseldorf inszeniert bizarre Wurzeln, pralle Kumuluswolken und ein außergewöhnliches Ei auf luftigem Sockel

Düsseldorf, Oktober 2003. Ab 14. Oktober 2003 zeigt die Düsseldorfer Galerie Just die neuesten Arbeiten der französischen Bildhauerin Hermine Anthoine. Sie sind während ihres viermonatigen Residenzstipendiums in Düsseldorf und in Paris entstanden. In den ausgestellten Werkgruppen geht es um Assoziationsfelder wie Kindheit und Aufwachsen, Ursprung, Keim, Entwicklung und Formwerdung. „Fundstücke“ aus dem ruralen Kontext – wie Strohballen, Ähren oder Kartoffeln – führt Anthoine durch anspruchsvolle künstlerische Prozesse in eine neue Materialität wie z.B. Bronze und Keramik. Entstanden sind u.a. Wurzeln aus Keramik („Les racines“), eine pralle Kumuluswolke, die auf einer Säule thront („Le Nuage“), ein in Bronze abgegossener Strohballen als Bodenskulptur („Dè-composition“), artifizielle Kartoffeln („Les Vilaines“), und ein spiegelglattes Bronze-Ei auf einer luftigen Schaukel („Quand vas-tu enfin grandir?“). Die Auseinandersetzung mit unterschiedlichem Material und seine Umsetzung in einen anderen Kontext durch die Künstlerin Hermine Anthoine sind ein Hauptmerkmal für die Vergabe des Stipendiums Just. Diese Künstlerförderung wurde von der Galeristin und Kunstmäzenin Julia Stoschek 2003 ins Leben gerufen und wird dreimal jährlich an internationale Nachwuchskünstler im Bereich der Gegenwartskunst vergeben. Die Ausstellung „Hermine Anthoine sucht die Nadel im Heuhaufen“ ist für Besucher bis zum 23. Januar 2004 geöffnet.

„Als Tochter eines Landwirts sind meine Werke geprägt von typisch ländlichen Beschäftigungen, Risiken und Schwierigkeiten“, sagt Hermine Anthoine über ihre Arbeiten. „Diese einzigartige Gefühlswelt delokalisiere ich sowohl materiell, räumlich als auch plastisch.“ So transponiert die Absolventin der École Nationale Supérieure des Beaux Arts (Paris) beispielsweise im neu geschaffenen Werk „Dè-composition“ Leichtes (Strohballen) in Schweres (Bronzeabguss), betont die Gefährdung und Zerbrechlichkeit eines großen Bronze-Eies auf einer Schaukel oder erschafft Skulpturen von Wolken. Fast immer findet dabei eine Verkehrung der Gewichtung statt, d.h. etwas Leichtes, Fließendes wird in eine kompakte, schwere Materialebene entlassen.

Julia Stoschek: „Hermine Anthoine während ihres viermonatigen Aufenthaltes in Deutschland zu begleiten und bei den aufwändigen Produktionsprozessen der Skulpturen dabei zu sein, war eine faszinierende Erfahrung. Nun möchten wir der Öffentlichkeit die eindrucksvollen neuen Werke der ersten Nachwuchskünstlerin unseres Stipendiums Just zugänglich machen und unsere Besucher in eine Welt voller Kindheitserinnerungen und Assoziationen entführen.“ „Es war ein lang gehegter Wunsch der Künstlerin, für einen längeren Zeitraum in Deutschland tätig zu sein, nachdem ihre Arbeiten bereits in mehreren deutschen Privatsammlungen vertreten sind und eine Skulptur im Neuen Museum Weserburg in Bremen zu sehen ist. Mit dem Stipendium Just konnte Hermine Anthoine nun ihre Beziehung zum deutschen Kunstgeschehen intensivieren.“

Jens Asthoff, renommierter Kunstkritiker in seiner Würdigung der Arbeiten von Hermine Anthoine: „Immer wieder verwendet Anthoine das Material Stroh. Der Stofflichkeit nach wohl ein Inbegriff des Rustikalen, hat es über symbolische Dimensionen und den Arte-Povera-Verweis hinaus auch spezifisch haptische Qualitäten, mit denen Anthoine bestimmte Assoziationen aufruft und auf sinnliche Erfahrungen zielt: Über Atmosphäre, Geruch und Gefühl werden bestimmte Verknüpfungen in Gang gesetzt, die vom Kunstkontext aus in andere lebensweltliche Bereiche führen – und wieder zurück.“

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog. (ISBN-Nr. 3-00-012379-2)

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