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Steckt im Schachspiel Humor? Der „Heilige Ernst“ des spielenden Subjekts geht für den Beobachter auf der anderen Seite des Spiegels nicht ohne Beunruhigung einher, er steht vor einer grotesken Situation, an der er nur teilhaben kann, wenn er sich in den Abgrund dieser Parallelwelt hinabreißen lässt. Nie bildet das Spiel das, was wir für Wirklichkeit halten, 1:1 ab, sondern abstrahiert davon und zeigt sich als Destillat der Realität. Menschen, die spielen, tragen immer ein abstraktes Weltmodell in sich. Die Phantasie und das Talent, in einem unendlichen Bedeutungs- und Möglichkeitendschungel eine Struktur, ein Gerüst, einen Weg zu erkennen, unterscheidet das Schachspiel von Kunst und Wissenschaft nur gestalterisch, nicht aber prinzipiell. Der Spieler vollzieht die gleichen Entscheidungsfindungen, wie der abstrakte Künstler. Aus jedem Kunstwerk funkelt eine solche Parallelwelt.

Diesem Reich des Imaginären, des Märchenhaften, dem Territorium der teuflischen Vampyroteuthi, der Feen, Zwerge und Zauberer, aber auch der Genies, der Mathematiker und Künstler, und auch der Taucher, denn auch die Wasserspiegel teilen die Welt, wollen wir uns nähern.

Vorträge, Film, Theater und Musik werden diese Annäherung wissenschaftlich und poetisch angehen, womit jedoch nur der Anfang einer tiefergehenden Untersuchung, die sich in der Bundeskunsthalle in den nächsten Jahren fortsetzen soll, gemacht sei.

Als „lebenden“ Gegenstand der Untersuchung präsentiert die RAG den Kampf World Chess Challenge – Man vs. Machine: Schachweltmeister Wladimir Kramnik gegen das rechnende Ungeheuer Deep Fritz, der zur Zeit weltbesten Schachsoftware. Dieses Aufeinandertreffen von Mensch und Maschine hat experimentellen Charakter und wird für die Besucher permanent sachkundig von den Schachgroßmeistern Dr. Helmut Pfleger und Artur Jussupow kommentiert. Offensichtlich hat der Mensch gegen die gewaltigen kalkulatorischen Leistungen des Schachcomputers trotz ständiger Verbesserungen in diesem Bereich aufgrund seiner spezifischen Fähigkeit wie Kreativität, Intuition oder strategischem Denken immer noch eine Chance. Nach den Ergebnissen der vergangenen Jahre wird der Story „Mensch gegen Maschine“ nun ein weiteres, entscheidendes Kapitel hinzufügt: Kann der russische Weltmeister – anerkanntermaßen auch gegen die Maschine der stärkste menschliche Spieler noch mithalten oder gar den Computer besiegen?

Nach jedem Spieltag, organisiert und verantwortet von der UEP (siehe auch www.mensch-gegen-maschine.de), folgt ein Tag der Untersuchung, organisiert und verantwortet von der Bundeskunsthalle mit freundlicher Unterstützung von Jahr der Informatik – Bundesministerium für Bildung und Forschung und der Allianz Kulturstiftung.

Programm: (Stand Oktober 2006, Änderungen vorbehalten):

Samstag, 25.11., 15 Uhr Kramnik gegen Deep Fritz, Spiel 1, anschließend Pressekonferenz Sonntag, 26.11., 11 Uhr Ästhetik des Spiels, Ästhetik der Wissenschaf.t Panel der Allianz-Kulturstiftung. Teilnehmer: Ugo Dossi (Künstler), Robert v. Weizsäcker (Volkswirt und Schachgroßmeister), Christian Hesse (Wahrscheinlichkeitsmathematiker), Hans Holländer (Kunsthistoriker), Ernst Strouhal (Kulturwissenschaftler). Moderation: Karsten Schwanke (ZDF). Ende offen Montag 27.11., 15 Uhr Kramnik gegen Deep Fritz, Spiel 2, anschließend Pressekonferenz Dienstag, 28.11., 19 Uhr Schach und Musik - Die parallelen Welten des François-André Danican Philidor. Vortrag Susanna Poldauf (Berlin) Am Klavier: Juan María Solare Speaking without lips – thinking without brain. Die Schach- und Sprechmaschine des Wolfgang von Kempelen (1734 – 1804). Vortrag mit Demonstrationen. Brigitte Felderer, Jakob Scheid, Ernst Strouhal (alle Wien) Mittwoch, 29.11., 15 Uhr Kramnik gegen Deep Fritz, Spiel 3, anschließend Pressekonferenz Donnerstag, 30.11., 19 Uhr Paranoia und Verschwörungstheorien bei Spielergenies. Vortrag Mathias Bröckers (Berlin) Computer errechnet Popsong: Nutzen von Schachprogrammierung am Beispiel der komponierenden Software Ludwig. Vortrag und Querflöte Matthias Wüllenweber (Hamburg) Freitag, 1.12., 15 Uhr Kramnik gegen Deep Fritz, Spiel 4, anschließend Pressekonferenz Samstag, 2.12., 19 Uhr Schachspiel als Modell in Literatur und Wissenschaft. Vortrag Hans Holländer (Berlin) Unter Taucher König Ass: Unter den Wasserspiegeln oder die Schönheit des tiefen Tauchens. Ein Stück von Wolfgang Krause Zwieback. Mit Zwieback und Gundolf Nandico (Alphorn) Sonntag, 3.12., 15 Uhr Kramnik gegen Deep Fritz, Spiel 5, anschließend Pressekonferenz Montag, 4.12., 18 Uhr Duchamp, der Spieler. Vortrag Herbert Molderings (Köln) Schachwalzer. Dr. Helmut Pfleger (München) analysiert das bisherige Spielgeschehen. Juan María Solare spielt die ersten 5 Partien Kramnik – Deep Fritz nach der Schachwalzerpartitur von Wilhelm Zobl (1982) auf dem Klavier. Dienstag, 5.12., 15 Uhr Kramnik gegen Deep Fritz, Spiel 6, anschließend Pressekonferenz

Bitte beachten Sie die parallel stattfindenden Ausstellungen Zug um Zug – Schach, Gesellschaft, Politik im Haus der Geschichte und Ugo Dossi – Schach und Schönheit im Rheinischen Landesmuseum.

Während aller Vakanz-Zeiten laufen Loopingprogramme im Forum: Schachfieber von Wsewolod Pudowkin, 1925 Frozen Dance, von Ugo Dossi, Videoinstallation 2003

Im Haus der Geschichte werden gezeigt: Das siebente Siegel. Von Ingmar Bergmann Schachnovelle nach Stefan Zweig mit Curd Jürgens

Hinter den Spiegeln - Zur Kultur des Spiels und der Schönheit des tiefen Denkens Forum der Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland Unter der Schirmherrschaft von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück

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Zur Kultur des Spiels und der Schönheit des tiefen Denkens
Forum der Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland

Loopingprogramme im Forum: Wsewolod Pudowkin, Ugo Dossi