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Der erste Mai 2004, der Tag, am dem die Ausstellung “Horst Wackerbarth – Die Rote Couch” im NRW-Forum Kultur und Wirtschaft in Düsseldorf startet, ist der Tag der Aufnahme von zehn neuen Staaten in die Europäische Union. Die Auswahl der Bilder in dieser Ausstellung umfaßt Fotografien und Videos von Horst Wackerbarth, die sich mit der Identität Europas beschäftigen, die sie umkreisen, zu fassen versuchen. Der in Düsseldorf lebende Horst Wackerbarth war seit den 70er Jahren ein vielbeschäftigter, vielfach ausgezeichneter, einflußreicher Porträt- und Werbefotograf, der in seiner Arbeit so einfühlsame Porträts wie verwirrende und provozierende Szenarien schuf. Häufig waren seine Arbeiten nicht nur von ästhetischem Interesse sondern beschäftigten Medien und Gerichte. Vor einem Vierteljahrhundert begann er, zunächst mit Kevin Clarke, seine "Gallery of Mankind" und startete damit ein enzyklopädisches Lebensprojekt: Er setzte Frauen und Männer auf ein rotes Sofa. Fotografierte sie. Interviewte sie. "The Red Couch: A Porträt of America", 1984 erschienen, war als Bildband Ergebnis und Höhepunkt einer Reise kreuz und quer durch die Vereinigten Staaten, durch die Börse von New York, den Schlachthof von Chicago, die eisige Weite Alaskas, die Künstlichkeit der Mediengesellschaft wie die monumentale Kunst eines Richard Serra. Mehr als 100.000 Kilometer reiste Wackerbarth inzwischen durch Europa. In mehr als 30 Ländern hat er Menschen fotografiert. In mehr als 10 Sprachen liegen die Antworten vor auf jene Fragen vor, mit denen er die Porträtierten konfrontierte: "Was ist Ihr größter Wunsch?", "Wovor haben Sie Angst?", "Was bedeutet Arbeit für Sie?", "Wer hat Ihrer Meinung nach das Universum erschaffen?".Für dieses Projekt reist Wackerbarth mit seinem Assistenten auf eine sehr archaische Art durch Europa: in einem Renault Kangoo, die rote Couch auf einem Anhänger hinter sich ziehend. Als Horst Wackerbarth sein Projekt begannt, beschloss er, die Porträtierten auf eine rote Couch zu setzen. Sie ist das visuelle Kontinuum aller Aufnahmen Wackerbarths und verbindendes Element aller Fotografien. Sie wird im jeweiligen Lebensumfeld der Porträtierten platziert und schafft so einen Rahmen, in dem sich die Persönlichkeit der Porträtieren – so unterschiedlich sie nach Herkunft und Alter, nach Prominenz und Beruf, nach Intellekt und Geschlecht auch sein mögen - in einen größeren Zusammenhang stellen. "Das Sofa ist magisch aufgeladen, weil 600 Menschen auf ihm Platz genommen haben", sagt er. "Berühmte und Unbekannte, Arme und Reiche, Alte und Junge, Outlaws und Honoratioren. Jeder weiß, wenn ich mit dem Sofa komme, wer darauf gesessen hat. Und ich fahre weit, und das Sofa ist schwer, und ich trage ihm das in sein Lebensumfeld. In diesem Moment fühlt sich dieser Mensch auserwählt, und ich gebe ihm eine Bühne. Ich setze ihn auf einen Thron." Sein Ziel ist ein breit gefächerter Querschnitt durch europäische Biografien, Alters-und Berufsgruppen. Neben dem Fremdenlegionär in Paris findet sich der lettische Kunsthistoriker, neben dem russischen Bettler die britische Urenkelin William Henry Fox Talbots, der als erster die Negativ-Positiv-Technik der modernen Fotografie einsetze, Gorbatschow findet sich nebem dem arbeitslosen Straßenkind aus Bukarest. Quer durch Europa - Russland, Island, Litauen, Kosovo, Portugal,•Frankreich, Deutschland, Rumänien. Mal steht die Couch auf einer Müllkippe, mal klemmt sie zwischen Felsspalten, mal findet sie sich im Europäischen Parlament vor dem Rednerpult. Die Interviews mit seinem jeweiligen Gegenüber hält Wackerbarth mit der Videokamera fest. So entsteht eine Dokumentation, die einen eindrucksvollen Einblick in die Vielfalt europäischer Biografien gewährt. Schnell kommt man als Betrachter zu dem Schluss: es gibt vielleicht eine Vielzahl unterschiedlicher Völker und Menschen, vielleicht gibt es auch eine Vielzahl von europäischen Vorstellungen -aber es gibt auch eine europäische Identität in der Vielfalt Europas, die sich möglicherweise dadurch weiterentwickelt und verdichtet, daß die Bürger Europas ihre Zukunft gemeinsam in die Hand nehmen. Das 20. und das beginnende 21. Jahrhundert sind Jahrhunderte der Bilder – und vielleicht könnte in den Bildern Horst Wackerbarths gelingen, ein Europa der Erinnerungen festzuhalten oder gar zu schaffen, ohne das die politischen Visionen einer Euroäischen Union kaum zu verwirklichen sind. Erinnerungen an eine nahe Zukunft? Wohin gehören solche Arbeiten, wenn nicht in Museen, die sich als kulturelles Gedächtnis wie als Ort des Diskurses gleichermaßen verstehen. Zur Ausstellung erscheint ein Katalog mit einleitenden Texten von Werner Lippert (zur kulturellen Identität Europas) und Enno Kaufhold (zur fotohistorischen Einordnung), durchgehend vierfarbig und in den Samt der “roten Couch” eingebunden zum Preis von EURO 19,80. Die Ausstellung ist parallel (in einer kleinen Version) im Europäischen Parlament in Straßburg zu sehen; nach der Sommerpause wird sie im Europäischen Parlament in Brüssel gezeigt. Pressetext

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Horst Wackerbarth – Die Rote Couch
Ein Porträt Europas