press release only in german

Die Intervention Yves Klein — Le Vide stellt mit radikaler Konsequenz Le vide von Yves Klein, den Raum der Leere im Museum Haus Lange, ins Zentrum der Aufmerksamkeit.

Als Yves Klein (geb. 1928 in Nizza, gest. 1962 in Paris) im Jahr 1961 diese Zone der Leere im Museum Haus Lange an dem Ort einrichtete, wo ehemals die Orgel der Familie Lange stand, war das Haus reich gefüllt: In allen weiteren Räumen des Erdgeschosses der Villa und bis in den Gartenbereich hinein hatte Klein sein bisheriges Schaffen ausgebreitet. Yves Klein — Monochrome und Feuer, so der Titel der Ausstellung (14. Januar bis 26. Februar 1961), war die erste und letzte museale Retrospektive zu Lebzeiten des Künstlers.

Paul Wember, der damalige Museumsdirektor, hatte in einem Brief vom 3. Februar 1960 die Anfrage formuliert, ob der Künstler seine Arbeit in Krefeld vorstellen wolle. Die Ausstellung sollte auf die Präsentation eines anderen Franzosen, Jean Tinguely, folgen. Tinguely und Klein waren schon seit längerem befreundet. 1960 gründeten sie gemeinsam mit Arman, Dufrêne, Hains u.a. die Gruppe der Nouveaux Réalistes (Die neuen Realisten). Ihr gemeinsamer Ansatz bestand darin, reale Objekte und Materialien des Alltags als Ausgangspunkt für die künstlerische Arbeit zu nehmen.

Yves Klein hat mit sehr unterschiedlichen alltäglichen bzw. ‚elementaren’ Mitteln gearbeitet: Er verwendete unbehandelte Farbpigmente und Blattgold; statt eines Pinsels nutzte er Malerrollen, Spachtel und Frauenkörper zum Fertigen seiner Bilder; Schwämme werden bei ihm zu Farbobjekten; mit Feuer, Wasser und Luft entstanden Aktionen, Bilder und Skulpturen. Auf diese Weise negierte der Künstler seine eigene Handschrift und stemmte sich gegen die romantische Vorstellung vom Künstlergenie. Dennoch wurden gerade seine farbigen Monochrome zu Ikonen der Malerei des 20. Jahrhunderts.

Mit monochromer Farbe, ob Blau, Pink oder Gold, strebte Yves Klein die Gestaltung des realen wie auch mentalen Raums an. Seine Schwammskulpturen — der Schwamm in seiner Eigenschaft als aufsaugendes Objekt — stehen synonym für den Gedanken der Durchdringung. In den Anthropometrien ließ er die Farbe sogar auf den menschlichen (weiblichen) Körper übergreifen und im Raum agieren. „Ich denke, ich kann sagen“, so umschrieb Yves Klein die Wirkung seiner Werke, „meine Bilder stellen poetische Ereignisse dar. Oder vielmehr: Sie sind unbewegliche, schweigende und statische Zeugen der Essenz der Bewegung und des Lebens in Freiheit, das die Flamme der Poesie im malerischen Augenblick ist.“ Über die Wirkung der Farbe strebte Klein schließlich den ‚immateriellen’ künstlerischen Raum an. Das Unsichtbare, das der Künstler hier meinte, blieb naturgemäß ungreifbar und nur erahnbar. Klein umschrieb dieses Immaterielle mit den vagen Begriffen ‚Sensibilität’ und ‚Spiritualität’, die durchaus religiöse Erfahrungsbereiche berühren.

Auf den Brief von Paul Wember antwortete Yves Klein sogleich mit einem nahezu vollständigen Konzept für die Ausstellung in Krefeld. Bereits in diesem ersten Konzept war der Raum der Leere vorgesehen. „Ein leeres Zimmer sollte reserviert bleiben für die Spezialisierung und Stabilisierung in der Atmosphäre seines leeren Volumens der immateriellen malerischen Sensibilität.“ (Yves Klein) In dieser letzten Konsequenz, die Leere installativ im Raum zu realisieren, hatte Yves Klein schon einmal Le vide geschaffen: 1958 entleerte er die Räume der Galerie Iris Clert in Paris. Was den Raum der Leere in Krefeld deutlich von Le vide in der Galerie Iris Clert unterscheidet, ist die Dimension des Ortes und die damit verbundene Frequentierung des Raumes. Die leere Zone im Museum Haus Lange misst lediglich sieben Quadratmeter. Konnte sich in Paris eine große Menschenmenge in der Leere aufhalten, so bietet der kleine Raum im Museum Haus Lange nur wenigen Personen Platz. Idealerweise sollte sich hier jeder Besucher allein mit der Leere auseinandersetzen.

Der gestreckte Raum ist vom Boden bis zur Decke komplett weiß. Eine Neonröhre unter der Decke beleuchtet ihn. An den Seitenwänden sind körnige Pigmente zu sehen, die im Farbauftrag eingeschlossen sind. Diese Körnung ist der einzige materielle Gehalt, der dem Rezipienten Orientierung verspricht, denn beim zunehmenden Verweilen lösen sich die Eckpunkte des Raumes in der Wahrnehmung immer stärker auf. Die Immaterialisierung des Kunstwerks hatte bei Yves Klein viele Bedeutungen: Sie war Ikonoklasmus, Ritual, Mystizismus und Provokation zugleich.

Während der einwöchigen Intervention Yves Klein — Le Vide bleibt das Museum Haus Lange, 1927/28 von Ludwig Mies van der Rohe entworfen, konsequenter Weise leer. Le vide wurde aufwändig vom Restaurator der Kunstmuseen Krefeld, Sebastian Köhler, gereinigt. Sonst nur zu speziellen Führungen zu besichtigen, steht er nun parallel zu einer Ausstellung im Centre Pompidou in Paris und der Kunsthalle in Bern (13.09.-11.10.2009) den Besuchern offen. Für die genannten Museen haben John Armleder, Mathieu Copeland, Gustav Metzger, Mai-Thu Perret und Clive Phillpot unter dem Titel Voids. Eine Retrospektive eine umfassende Ausstellung konzipiert, die dem Phänomen der „leeren“ Ausstellung seit den 1950er Jahren nachgeht. Le vide von Yves Klein ist in diesem Kontext ein frühes Beispiel, dem in Krefeld über Jahrzehnte hinweg Künstler wie Michael Asher, Maria Nordman oder zuletzt Ceal Floyer mit ihren eigenen Interpretationen der Leere in Ausstellungen folgten.

only in german

Intervention
Yves Klein - Le Vide