artist / participant

press release only in german

4. März – 1. Mai 2022
Soft Opening*: Freitag, 4. März, 12 – 20 Uhr

Irena Haiduk. Frauenbank Berlin

Kuratorin: Krisztina Hunya

Irena Haiduk erweitert mit ihren Langzeitprojekten an der Schnittstelle von Kunst, Politik und Warenkultur die tradierten Modelle der Kunstproduktion. 2015 gründete sie das Unternehmen Yugoexport, das ökonomische Zusammenhänge aufzubrechen und neu zu denken versucht. Die oftmals in Kooperation mit Kunstinstitutionen vertriebenen Produkte wie Bücher, Kleider, Gespräche oder Filme dienen Haiduk zur Etablierung divergierender Ökonomien und zur Verankerung solidarischer Formen des wirtschaftlichen Austauschs im kollektiven Gedächtnis. In ihrer Ausstellung im Showroom des n.b.k. widmet sie sich der 1910 in Berlin gegründeten Frauenbank, dem ersten Kreditinstitut, das ausschließlich von und für Frauen betrieben wurde. Noch bevor Frauen das Wahlrecht erhielten, machte die Berliner Frauenbank bis zu ihrer Auflösung 1916 deutlich, dass eine gesellschaftliche Emanzipation nur mit finanzieller Unabhängigkeit gelingen kann.

„Wirtschaftliche Infrastrukturen bilden die Grundlage aller Materialien, Arbeitsprozesse und Produkte künstlerischen Schaffens. Der Kampf um die Ermächtigung und Aufrechterhaltung von Ökonomien für diejenigen, die als anders, unsichtbar und entbehrlich gelten, dauert an. Die Aggression der gegenwärtigen politischen Systeme gegen eine Vielzahl von Menschen, einschließlich Frauen, LGBTQIA+ und People of Color, ist wirtschaftlich situiert. Die Ausstellung erinnert an ein vernachlässigtes Kapitel der deutschen Frauenbewegung und würdigt ihre Rolle in zukünftigen Wirtschaftssystemen.“ (Irena Haiduk)

Teil Haiduks Präsentation ist Das Epos der Berliner Frauenbank erzählt von der Politologin Gilla Dölle, deren Forschung die finanziellen Aspekte der deutschen Frauenrechtsbewegung in den Fokus rückt. Ihre Recherchen dienen auch als Ausgangspunkt für eine nachfolgende Publikation über die Geschichte und das Erbe der Berliner Frauenbank als Pilotprojekt. Unterstützt wird das Vorhaben über den Verkauf einer limitierten Auflage von Yugoexport Work Shirts (2021) – Arbeitshemden, die jugoslawischen Fabrikjacken der 1960er und 1970er Jahre nachempfunden sind und für einen auf dem individuellen Einkommen der Käufer*innen basierenden Preis über den n.b.k. erworben werden können. Der Kauf eines Shirts ist an einen Vertrag gebunden, der vorschreibt, das Kleidungsstück nur während der Arbeitszeit zu tragen.

Irena Haiduk leitet das Kunstunternehmen Yugoexport, dessen Gründungslogik auf der Gleichwertigkeit, Loyalität und familiären Solidarität zwischen Menschen und Dingen basiert. Yugoexport wurde als Kopie des ehemaligen jugoslawischen Bekleidungs- und Waffenherstellers Jugoeksport ins Leben gerufen. Das Projekt ist formal in den Vereinigten Staaten eingetragen, wurde in Paris gestartet und unterhält seinen Hauptsitz in New York, wo es langsam, im Rhythmus seiner eigenen Ökonomie agiert. Seine Maxime lautet How to Surround Your Self With Things in the Right Way (Wie man sich auf die richtige Weise mit Dingen umgibt) und beinhaltet als zentrales Prinzip die Produktion von Bildern, Büchern, Kleidung, Reden, Filmen, Szenografien und verschiedenartigen Räumen. Yugoexport und Irena Haiduk haben zuletzt zusammengearbeitet u. a. mit Kunst Halle Sankt Gallen (2022); Swiss Institute, New York (2020); documenta 14, Kassel und Athen (2017); Whitney Museum of American Art, New York (2017); und The Renaissance Society, University of Chicago (2015).