artist / participant

press release only in german

Die Ablösung der Worte von ihrem ursprünglichen Sinn und von ihren Absichten ist ein Effekt der Vielfalt und der schieren Masse sprachlicher Zeichen, an die wir in unserem Alltag völlig gewöhnt sind, und die wir meist rein formal, d.h. außerhalb kommunikativer Zusammanhänge wahrnehmen. Dieser Abstand entspricht aber auch der essentiellen Leere, die in der Sprache immer zwischen dem Laut/Buchstaben und seiner Bedeutung gähnt.

Iréne Hug spielt mit der Allgegenwart der Beschriftung unseres Lebensraums: Sie interessiert sich für die Möglichkeiten der Schrift als Form, als Bild, und dafür, was passiert, wenn den Aufforderungen wieder zugehört wird und wenn man zusammenliest, was nebeneinander steht. Sie lässt sich auf die Abstraktionsprozesse ein, die von der Überlastung mit Botschaften inganggesetzt werden, was auch bedeuten kann, sie wieder wörtlich zu nehmen. Das ist ein Akt der Vereinnahmung und der Hingabe, in dem neue Sinnstiftungen und persönliche Verhältnisse bezeichnet werden können.

Beschreibung des Projekts für CAPRI XXXVI Die Fensterfront von CAPRI ist mit bunten Schriftzügen bedeckt. Darüber und daneben vermengen sich verschiedene Aufschriften und Namen mit den Beschriftungen der Künstlerin: General-Repräsentanz steht über Car-Shop, die Schilder der Autowerkstatt neben TRANSMITTER und HERMES. Auf einem Fenster kann man non si capisce niente, ma non mimporta lesen, ob mans versteht oder nicht, und auf der anderen Scheibe will use the right password beachtet werden. Hinweise, die auf Hinweise hinweisen: Hilft uns der Götterbote Hermes, der Namensgeber der Hermeneutik, zu verstehen, oder eher Hermes als Patron der Reisenden und Schelme? Oder ist das nur eine Schreibmaschinen- bzw. Unterhosenmarke?

Im Innenraum zeigt ein großes Wandposter eine Straßensituation: Einige Männer hantieren an einem Auto, sie sind umgeben von Reklametafeln, Hinweisschildern, Plakaten und sonstigen Aufschriften. Folgen sie den Anweisungen? Oder sollen die Textelemente die BetrachterInnen aufklären? Im halbdunklen Hinterzimmer des Ausstellungsraumes scheint schließlich die Antwort zu warten: Auf einem Tisch stehen und liegen allerlei Gegenstände in merkwürdigen Positionen, jedes dieser Dinge beinhaltet etwas und all die Bücher, CDs, Bierflaschen, Batterien usw. werden von einem Spot angestrahlt. In einer Choreographie der Objekte stellt sich der beleuchtete Krimskrams selbst vor und bildet dann als Gruppe eine kleine Installation. Währenddessen löst ihr Schatten, der sich auf der Wand zu Schrift formiert, beinahe unabsichtlich das große alte Problem der Semantik auf: Die willkürliche Beziehung von Zeichenträger und Referent weicht unversehens einer physikalischen Logik, die nur von der Stromzufuhr abhängt –Und wer möchte, kann auch gleich die Gelegenheit nutzen, um Platons Höhlengleichnis nochmal gut zu überdenken. (BC)

Pressetext

only in german

XXXVI
Irene Hug