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An den Grenzen des Farbigen – Zu den neuen Arbeiten von Jakob Gasteiger

Die neuen Werke von JAKOB GASTEIGER entfalten sich im Grenzbereich des Visuellen. Zwischen den Polen Schwarz und Weiß liegen jene Farben, die das Erscheinen des Gewohnten konstituieren. Von Gelb, über Orange, Rot und Violett bilden sie die Grundlage des Farbsehens, die Farben der Natur. Doch Gasteiger verlässt diesen Farbbereich: es sind gerade die Nichtfarben Schwarz und Weiß, die den Ausgangspunkt für seine Analyse der Farbe bilden.

Seine Reihungen von monochromen Farbkörpern entwickeln sich in einer inhärenten Logik. Nur in Helligkeit und Tonalität variiert, folgt ein glänzendes auf mattes Schwarz, von tonigem zu spiegelndem Weiß, reiht sich daran eine Mischung aus beiden, ein sattes Grau. Ein ungreifbares, leuchtendes Gelb schließt an; es ist eine artifizielle Farbe, eine chemisch-komponierte Farbe, eine Farbe, die es eigentlich gar nicht gibt (wie auch im weiteren Tagesleuchtfarbe, Nachtleuchtfarbe, Lack Aluminium, Lack Eisen, Reflexfarbe). Denn die Frage nach der Essenz der Farbe im Bezug zum Medium Malerei steht im Mittelpunkt von Gasteigers systematischer Differenzierung. Im Zusammenhang mit der Objekthaftigkeit der Werke thematisiert er damit eine Problemstellung, die im Zuge der Diskussion um das Ende der Malerei in der Minimal Art und — im Hinblick auf die Wirkweise der Farbe als "nicht rationalisierbare Wirklichkeit"1 — von Vertretern der radikalen Malerei wie Joseph Marioni und Marcia Hafif reflektiert wurde. Die Untersuchung der Grundlagen der Malerei — wie Fläche, Bildträger, Farbauf-trag, vor allem aber der Farbe per se — stehen unter Einbindung des Herstellungs-prozesses im Mittelpunkt. Neben der Wirkweise der Farbe an sich ist es eine weitere Qualität, die das subjektive Empfinden des Farbigen beeinflusst: die Oberfläche. Eisen- und Aluminiumpigment werden dem Farbmaterial beigemengt, so dass eine raue, körnige oder feinsandige Oberfläche entsteht. Gasteigers monochrome Objekte markieren damit jenen Punkt, an dem die Interaktion der Farbqualitäten zum Tragen kommt.

Bei den Farbgüssen sind es die Materialeigenschaften wie Konsistenz, Flüssigkeit und Gerinnungsprozess. Dabei wird schwarze Lackfarbe auf unbespannte Leinwand geleert. Es entstehen lineare Formationen punktuell verdichtet. Grafisches verbindet sich mit Malerischem. Die selbe Verfahrensweise wendet Gasteiger mit dem Material Aluminium an und übersetzt das Procedere damit ins Plastische. Er gießt flüssiges Aluminium in Wasser, das Material erstarrt und bildet sich im Erkalten aus. — Zwischen Plastik, Malerei und Grafik, zwischen Farbe und Nichtfarbe, es sind die Grenzen, die Gasteiger mit seinen Farbanalysen sichtbar macht.

Elisabeth Voggeneder

1 Volker Adolphs, Farbe-Fläche-Raum. Zur Farbmalerei der 90er, in: Farbe – Malerei der 90er, Hrsg. Dieter Ronte, Bonn 1997, S.10

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