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Der kjubh Kunstverein freut sich, am Donnerstag, dem 08.Juni 2006, von 19-22 Uhr, eine Installation des niederländischen Künstlers Jeroen Jacobs zu eröffnen.

Jacobs zeigt im kjubh eine Installation von Plastiken aus Gussbeton, in Kombination mit einer Holzstruktur, die den Proportionen des kjubh Ausstellungsraums angepasst ist und den Blickwinkel der Betrachtung bestimmt.

Seine aktuellen Arbeiten spielen in raffinierter Weise mit der Ambiguität des Materials, seiner Wandlung vom flüssigen in einen festen Zustand – umso stärker, je mehr der Künstler die haptischen Eigenschaften des Betons nutzt. Er übt auch hier durch die Vorgabe der Gussnegative eine gewisse Kontrolle auf die Form aus, überlässt das Ergebnis jedoch noch mehr als bisher den Unwägbarkeiten während des Herstellungsprozesses.

Jacobs fertigt die Plastiken, in dem er, basierend auf den Abmessungen von Zwischenräumen vorgefundener Gegenstände, eine Gussform aus Holzleisten, Folien und Klebeband herstellt und diese mit dem Beton ausgießt. Die Konstruktion ist relativ fragil, und hat für bisherige, kleinere Arbeiten genau ausgereicht.

Die im kjubh präsentierten Plastiken sind weit größer und die Konstruktion hält dem schweren Material beim Gussvorgang so eben stand. Die fertigen Gebilde werden nicht, wie sonst bei Gips- oder Bronzegüssen üblich, nach dem Guss umgekehrt aufgerichtet, sondern die Fließrichtung ist identisch mit der späteren Ausrichtung der Plastiken. So bewahrt die fertige Form in ihren weicheren Konturen mehr vom Fließprozess. Herausquellende überschüsse, die Jacobs nicht tilgt, verdeutlichen augenfälliger als bislang den Einfluss von Zufall und Gravitationskraft.

Eine weitere Ebene führt Jacobs durch die Platzierung auf variierenden, für jede Werkgruppe eigens entworfenen Holzdisplays ein, immer auf der Suche nach der für den jeweiligen Raum idealen Präsentationsebene. Diese höhenvariierten Tableaus bewirken eine Rhythmisierung des Gesamtarrangements. Einerseits fungieren sie als „echter“ Sockel, gleichzeitig verleiht ihnen eine Akzentuierung mittels flächiger Farblackierungen eigenständige skulpturale Qualität.

Jacobs versteht sie als Bühne, auf der er die Plastiken in Szene setzt, um deren Kommunikation mit dem Raum zu verstärken.

Während er bei den frühen Betongüssen mehr Wert auf die immanenten Kräfte der plastischen Gebilde legt, nehmen die neueren Arbeiten das Umfeld noch bestimmender ein. Die Arbeiten sind im kjubh erstmalig direkt auf den Boden platziert, werden aber durch die Vorgabe einer hölzernen Struktur, auf die sich die Betrachtenden setzen können, wieder auf Augenhöhe gebracht.

So behandelt Jacobs tradierte Themen der Bildhauerei wie Masse und Leere: die innere Energie des gewählten Materials durch den Einschluss imaginär weiterhin wirksamer Kräfte, ebenso wie die äußere Dynamik der Form und deren Korrespondenz mit dem Raum. Dass die Displays auch Assoziationen zu Mobiliar wie Regalsystemen oder Tischen zulassen, eröffnet zusätzlichen Deutungsspielraum und hinterfragt die Konventionen funktionaler und ästhetischer Raumgestaltung auch außerhalb des Kunstkontextes.

Dies ist ein inhaltlicher Rückbezug auf frühe, formal ganz andere Arbeiten, in denen sich Jacobs mit architektonischen Alltagselementen aus industrieller Herstellung beschäftigt: Die Nachbauten z.B. eines Garagentores, Flachdaches oder Flugzeugflügels, in bestimmter Höhe über dem Betrachter angebracht, verschieben deren gewohnte Verortung und intensivieren so die Wahrnehmung des Raumes um die Objekte sowie ihrer plastischen Eigenschaften.

Auch die älteren Gussplastiken verführen zum Teil zur Gleichsetzung mit Gegenständlichem durch Formelemente, die spitzwinklig oder rohrförmig hervorragen: diese ähneln Waffen, Kanonenrohren, Flügeln oder Armen und geben den Betonobjekten manchmal sogar die Anmutung einer klassischen Skulptur wie der Nike von Samothrake.

Der Gebrauch von Alltagsmaterialien in der Kunst ist lange etabliert. Und Beton – das profane, industrielle Material aus der Bautechnik, ist selbst in diesem ursprünglichen Kontext längst seinem rein funktionalen Einsatz enthoben. Seine wandelbaren ästhetischen Qualitäten – in mal porösen Oberflächen mit Lufteinschlüssen, mal geglätteten, samtigen Partien – werden auch in der Architektur z.B. in den Bauten von Tadao Ando, sehr subtil eingesetzt.

Bei Jeroen Jacobs Umgang mit dem Material bleibt die Wirkung der gefestigten Masse weiterhin dynamisch, aber nicht so sehr durch den gestischen Charakter einzelner Formelemente, sondern durch einen organischeren, amorpheren Umriss. Vermeintlich besitzt der erstarrte Werkstoff sogar Elastizität. Was zu sehen, bzw. zu fühlen ist und was in der Vorstellung passiert, differiert – und Beton mutiert zu Gummi.

Jacobs wurde 1968 in Helmond geboren und lebt und arbeitet in Berlin. Er hat in ´s Hertogenbosch und Amsterdam studiert, mehrere Stipendien erhalten und erfüllt seit zwei Jahren verschiedene Lehraufträge in Finnland, China und Berlin.

Birgit Laskowski

Pressetext

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Jeroen Jacobs
eingeladen von Caroline Nathusius