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Johannes Spehr (*1965) hat sich einen Namen gemacht, weil er Welten baut. Obwohl in ihnen eine Fülle von Dingen ist und alles seine Ordnung hat, läuft man als Betrachter ins Leere. Die harte Fantastik der Zeichnungen und Aquarelle irritiert zutiefst.

Die Logik, welche die Werke von Johannes Spehr entfalten, lässt sich nicht greifen, die Faszination, die von ihnen ausgeht, nicht einfach erklären. Dabei geht es um den Alltag von Menschen, das erkennt man auf Anhieb, um Leben und Arbeit, um Wohnen und Liebe. Da sich die Gesetze, denen die Bilder gehorchen, dem Verständnis entziehen, wird ihre reine Wirkung sichtbar.

Das heißt, es wird vor Augen geführt, dass es Gesetze gibt. Die subversive Dimension wird überlagert durch bezaubernde Motive und Themen, die sich wie eine Gemengelage ethnografischer Topoi ausnehmen. Bei aller „Exotik“ erinnern sie an die eigene, bekannte Lebenswirklichkeit. Da geht es um Interieure und Automobilität, um Urbanität und Natur, um Kommunikation und Barrikaden, um Strassen und Häuser, um Spielplätze und Ställe und um die damit einhergehenden Tätigkeiten, die durch die expliziten Titel der Blätter näher bestimmt werden: „Nistungsversuche“, „Standortverschiebung“, „Potentialstreuung“, „Deviantes Verhalten“. Die damit ins Spiel gebrachten Muster und Modelle werden durch die Darstellungen freilich eher unterlaufen als illustriert.

Anders als bei Beuys, wo die angedeuteten Kreisläufe höchste Bedeutsamkeit in Anspruch nehmen, droht in der von Spehr geschaffenen Welt an allen Ecken und Enden das Gespenst des Leerlaufs. Doch allein schon der surreale Überschuss verhindert, dass die Moral die Ironie an die Wand spielt. In letzter Zeit entstehen neben den farbigen Aquarellen auch lavierte Tuschzeichnungen. Die Werkbereiche unterscheiden sich nicht nur durch die Technik voneinander, sondern auch inhaltlich und strukturell. Kombinieren die Aquarelle oft mehrere Momente und Motive zu einem größeren Ganzen, so fokussieren die neueren Arbeiten einzelne Motive. Durch die farbliche und thematische Engführung gewinnen sie eine subtile Wucht. Erinnern die Aquarelle an surreale Puppenhäuser und Alltagshistorie, so die Tuschzeichnungen an den Traumschrecken fantastischer Visionen. (Reto Sorg)

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Johannes Spehr
"Die Revolution findet nicht statt"
Kuratoren: Thomas Rehbein, Johannes Spehr