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CURVATUREROMANCE ist die erste Museumspräsentation der in den letzten vier Jahren entstandenen großformatigen Metallskulpturen des Amerikaners John Chamberlain (*1927). Die Schau bildet zugleich den Auftakt des AMERICAN SUMMER-Programms in der Pinakothek der Moderne.

Bereits in den späten fünfziger Jahren hat Chamberlain erstmals eine Skulptur mit Karosserieteilen eines Autos hergestellt, die er im Hinterhof seines Freundes Larry Rivers aufgelesen hatte. Damit hatte er sein Carrara gefunden, ein Arbeitsmaterial, das für ihn so selbstverständlich wurde, wie Marmor für die Bildhauer der Renaissance. Stichel und Meißel ersetzte er durch die Schrottpresse, er staucht und streckt, faltet und biegt seinen Werkstoff und nimmt - bis heute – die einzelnen Teile, Stück für Stück, und setzt sie in einem Prozess des Hinzufügens oder wieder Wegnehmens zusammen, bis »es passt« (JC). Chamberlain überführt so Material und Design der Industrie in eine radikal künstlerische Sprache. Damit bilden seine Skulpturen formal einen Gegenpol zu der gleichzeitig entstehenden, maßvoll und streng geometrisch artikulierten Minimal Art, ihrer Serialität und Systematik, die parallel in der ständigen Sammlung der Pinakothek mit Hauptwerken von Donald Judd, Dan Flavin oder Fred Sandback betrachtet werden kann. Chamberlains bildhauerisches Werk steht jedoch in einem noch viel größeren historischen Kontext. Seine Kompressionen von Metallteilen erzeugen Faltungen, die mit den dynamischen Kraftlinien der Gesamtskulptur zusammen wirken. Die solcherart erzeugte psychologische Aufladung der Plastiken lässt sich insbesondere mit Faltenwürfen der älteren Kunstgeschichte in Verbindung bringen. Der im Katalogaufsatz vollzogene Vergleich zwischen Chamberlains Arbeiten und exemplarisch ausgewählten Skulpturen vom Mittelalter über das Barock bis hin zu einem Hauptwerk Auguste Rodins zeigt, dass die Werke des Künstlers eine zentrale Entwicklungslinie der abendländischen Kunst konsequent fortsetzen und erneuern.

In den nun für München ausgewählten zwölf Skulpturen, die teilweise eine Höhe von bis zu fünf Metern erreichen, ist es Chamberlain gelungen, die Ausdruckskraft seines bildhauerischen Schaffens weiter zu perfektionieren und Ihre Dichte und Präsenz noch weiter zu steigern. In seiner fast beispiellosen künstlerischen Produktivität und mit selbstverständlich wirkender Leichtigkeit tritt Chamberlain mit dem widerspenstigen Material in einen offenen Dialog und vermag ihm gerade auf dieser Basis eine suggestive Lebendigkeit einzuverleiben. Dabei verbindet sich sein Impuls, aus intuitiven und improvisierten Gestaltungsmomenten heraus zu arbeiten mit dem Wunsch nach dem nicht restlosen Beherrschen von Material und Form: »Der Widerstand des Metalls, seine molekulare Struktur haben eine große Ähnlichkeit mit Menschen«, äußerte der Künstler in einem Interview. CURVATUREROMANCE, dieser von Chamberlain stammende Ausstellungstitel, lässt pulsierende Körper assoziieren. Die Skulpturen sind charismatische Tänzer geworden: erotisch, stark, furchtlos, sehr komisch – ungeheuerlich und altersweise.

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog mit zahlreichen Abbildungen und einem Text von Corinna Thierolf, Oberkonservatorin in der Sammlung Moderne Kunst, Pinakothek der Moderne.

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John Chamberlain
CURVATUREROMANCE