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Im Rahmen seiner Ausstellung „DIE NACKTESTE FREIHEIT DER KUNST“ zeigt Jonathan Meese vom 14. April bis zum 12. Mai 2018 in der Galerie Sies + Höke 21 atelierfrische Gemälde ganz unterschiedlicher Formate. Besonders beachtenswert sind aber auch acht sogenannte „Pulp-Paintings“ (zu deutsch: Zellstoff-malereien) in Form von Masken, die aus handgeschöpftem Papier hergestellt sind, welches noch im nassen Zustand mit Pigmenten eingefärbt wurde und dadurch eine besondere Leuchtkraft erhält. In der umfangreichen Ausstellung sind zudem auch Zeichnungen und Collagen zu sehen.

Ganz im Sinne von „nackt“ hat der 1970 in Tokio geborene Künstler für die Bilder dieser Ausstellung erstmals nicht grundierten Malgrund benutzt. „Das Zarte seiner Malerei“, so teilt sein Berliner Studio mit, „kann so noch einmal anders wirken und trifft natürlich trotzdem immer wieder auch auf Hartes.“ Rot-, Rosa-, Gelb- und Orangetöne überwiegen auf den neuen Gemälden. Eine überraschende Sanftheit und eine mitunter mädchenhaft anmutende Figuration sind kennzeichnend für große Teile von Jonathan Meeses neuester Bildproduktion. Die für sein Werk so typischen, manchmal ironischen, manchmal brachialen Textbotschaften erscheinen streckenweise in einem ganz neuen Licht. Auf jeden Fall scheint der Künstler auch seine weibliche Seite zu entdecken. Da begegnet uns etwa, ausgeführt auf schwarzem Grund, ein „FRÄULEIN MEESI“ im weißen Kleid. In der Hand hält sie ein eindeutig weiblich konnotiertes Attribut, wobei unklar bleibt, ob es sich um einen Spiegel, einen Kochlöffel oder einen Riesen-Lolli handelt. Ein „FRÄULEINANNY“ wiederum trägt ein Prinzessinnenkrönchen, dazu katzenartige Schnurrbarthaare, ein Blindenabzeichen und ein Eisernes Kreuz. Auf anderen Bildern wiederum bricht „DER K.U.N.S.T.BENGEL“, so lautet übrigens auch das Motto der Einladungskarte, wieder durch. Etwa, wenn ein Grau in Grau gehaltenes, an Edvard Munchs „Der Schrei“ erinnerndes Totenkopfgesicht per Stirn-Tattoo verkündet „ICH WILL SEX“.

In einer Videobotschaft vom 18. März 2018, produziert in seinem Berliner Studio aka „Erzhauptquartier“, verkündet Jonathan Meese jetzt den Beginn einer neuen Schaffensperiode. Als Hintergrund für das denkwürdige Manifest, das in Anwesenheit von Brigitte Meese, seiner Mutter, engen Vertrauten und gelegentlichen Ideengeberin, proklamiert wurde, wählte er das großformatige Tafelbild „DAS GEILSTE PROGRAMMATISCHSTE WERK DE KUNST OHNE DE KÜNSCHTLER (Sieht doch Jeder)“, dessen Vollendung der Zuschauer im Video direkt beiwohnen kann.

Mit den programmatischen Worten „Die nackteste Freiheit der Kunst“ beginnt das Manifest. Und weiter heißt es dort (in Auszügen): „Die Kunst ist die totalste Freiheit. Die Kunst ist der Staat der Zukunft. Die Kunst steht über den Dingen. Die Kunst ist der Evolutionsbefehl. Die Kunst ist frei von jeder Ideologie. Die Kunst entmachtet jede Nicht-Kunst. Die Kunst ist Totalstspielkindstum. Die Kunst ist unbesiegbarste Macht. Kunst ist der Chef. Kunst ist die Nummer Eins.“

Jonathan Meese interpretiert die sich austobende, totale Malerei auf seinen neuen Gemälden in gewohnt selbstironischer Manier: „Das Tolle an diesen Bildern ist ja: Sie haben keinen Geschmack. In diesen Bildern ist kein Geschmäckle. Es ist wie eine Schlachterplatte. Es ist einfach da.“ Sein Ziel ist es, Bilder zu schaffen, die Inhalt haben, die nicht nur Form sind, nicht nur Design. Dabei versteht sich Jonathan Meese durchaus auch als politisch agierende Person: „Kunst ist die unwählbarste Macht“, sagt er. „Ich will diese Zeit nicht illustrieren, sondern ich will zeigen, was für eine Macht Kunst hat.“

Text: Nicole Büsing & Heiko Klaas