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3,2 Milliarden genetische Kombinationsvarianten der Basen Adenin, Thymin, Cytosin und Guanin bilden den Ausgangspunkt für die Projetkidee von Jörg Schlick. Der in Graz lebende Künstler transponiert die Kunst in das Regelsystem der Biologie: Vier Ansichten eines gefundenen Alltagsobjekts werden fotografisch festgehalten und jeweils einer Base zugeordnet. Durch ihre serielle Reihung entstehen Tableaus von 24 Fotoelementen, deren Ordnung einer klar definierten Abfolge der Stickstoffbasen folgt - z.B. A T C T G .... Der herkömmliche Inhalt des dokumentierten Gegenstandes bezieht sich in keiner Weise auf die Aussage des verfertigten Kunstprodukts. Das gewählte Objekt wird vielmehr seiner Identität beraubt, denn die Ansichten auf dasselbe dienen weder der Beschreibung seiner Funktion noch unterstreichen sie seine Bedeutung. Rein die im fotografischen Abbild enthaltene Gliederung ist für das Werk relevant. Die spezifischen Erscheinungsbilder der Motive - ob geometrische Form einer Innenraumansicht oder organisches Vokabular eines Naturabbildes - sind die Paramenter, mit deren Hilfe der komplexe Aufbau genetischer Informationen zur Darstellung gelangt. Vom Gegenständlichen gelöst, spiegelt die strukturelle Beschaffenheit der Bildelemente den programmatischen Entwurf des Lebens wieder.

Sind die Wahl des Objekts und der Blickwinkel subjektive Entscheidungen, so wird in weiterer Folge durch den Akt der Fotodokumentation ein Objektivierungsverfahren eingeleitet, das in der mathematischen Stringenz biochemischer Formeln gipfelt. Die Fotografie ist in diesen Visualisierungen ihrer herkömmlichen Funktion enthoben, das Einzelbild als künstlerischer Wert verschwindet. Durch die konzeptuelle Nutzung des Mediums wird das Foto konstitutiver Bestandteil der Semantik des Werkes. Selbst der Vollzug künstlerischer "Komposition" orientiert sich am Ergebnis biotechnologischer Forschung, er ordnet sich den mathematischen Gesetzmäßigkeiten der belebten Natur unter. "Minimalist form was combined with Expressionist social comment", schrieb Jack Anderson in der New York Times am 21.5.1985 in seiner Kritik anlässlich der Uraufführung des von Jörg Schlick choreographierten Balletts "Der Krieger". Dieser Verweis auf das Spannungsfeld zwischen der minimalistischen Formensprache bzw. Objektgebärde (Performer) und der expressiven Darstellung gesellschaftlicher Befindlichkeit trifft einen wesentlichen Aspekt der Arbeit Schlicks. Das künstlerische Agieren legt sich auf keine bestimmte Form der Ausdrucksweise fest, kennt keinen privilegierten Kunstort, sondern oszilliert zwischen den Territorien von Kunst, Wissenschaft und Gesellschaft. "Poésie Noire" umfasst drei 24-teilige Installationen. Die Ausstellung ist Teil des Projektes "Gleich scheuen Hirschen in Wäldern versteckt zu leben", das Jörg Schlick für den steirischen herbst 2001 konzipiert hat. (Monika Pessler) Zum Projekt erscheinen ein Katalog und zwei CDs. "Poésie Noire" ist Elisabeth Printschitz gewidmet. Pressetext

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Jörg Schlick - Poésie Noire