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Kunstverein Göppingen in der Kunsthalle Göppingen Josef Schulz, simulacrum

Der 1966 in Bischofsburg in Polen geborene Künstler Josef Schulz hat nach seinem Diplom als Betriebswirt von 1993 bis 1999 bei Bernd Becher und anschließend bei Thomas Ruff an der Kunstakademie Düsseldorf studiert und dieses 2002 als Meisterschüler abgeschlossen.

In der Kunsthalle Göppingen wird er zwei Werkgruppen vorstellen.

Gebautes ist in der ersten Werkgruppe abgebildet. Hierbei fotografierte Josef Schulz Häuser, Fabrikhallen, Fußgängerbrücken und ähnliche Funktionsarchitektur. Sie werden mit dem Computer bearbeitet. Die Brücke mit ihrem Spiralaufgang wird dabei auf die grüne Wiese gesetzt, Zugänge, Fenster, Schriftzüge an Werkhallen werden entfernt - und der Architektur somit ihre Identifikationsmerkmale genommen. Sie ist reduziert zu reiner Form. In den Bildern von Josef Schulz haben die Gebäude keine ablesbare Funktion, keinen erlebbaren, menschlichen Maßstab - es könnten auch Modelle sein. Sie stammen aus der Wirklichkeit und scheinen doch unwahr. Sie sind realitätsnah, aber der Wirklichkeit auch abhanden gekommen. Gebautes wird Bildform, ohne aber seine Herkunft vergessen zu machen. Und so lassen sie den Betrachter stetig zwischen den Realitätssphären wechseln und die Grenze zwischen ihnen unmerklich passieren.

Grenzen sind auch Thema der zweiten Werkgruppe, welche Fotografien von den europäischen Zollhäusern oder- stationen bilden, die ihre Funktion inzwischen verloren haben und dem langsamen Verfall anheimgestellt sind. Die Erfahrungen von Grenzüberschreitungen stellen sich angesichts dieser Bilder nicht mehr ein, offenbart sich auf ihnen doch eher die Banalität dieser Architektur, die auch Kiosk oder Wartehäuschen, Tankstelle oder Parkhaus sein könnte. Diese Grenzmarkierungen sind in den Bildern von Josef Schulz freigestellt. Sie sind ihres Kontextes entkleidet, der Blick allein auf das Zollgebäude gerichtet. Zwar ist hier und dort noch ein Zeichen - ein Hinweisschild oder Schriftzug - zu erblicken, ihre herrschaftliche Symbolkraft haben diese Anlagen jedoch ebenso verloren wie ihre Funktion. Übrig bleibt Form ohne Inhalt und Verweiskraft.

Und so bestätigen die Fotografien von Josef Schulz die auch von David Hockney vertretene These, dass sich heutzutage Fotografie und Malerei wieder annähern, auch weil die zeitgenössische Fotografie nicht mehr realitätsnahe Abbilder schaffe, sondern - dank der computergestützten Bildbearbeitung - immer größere malerische Qualität erziele.

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog, der sich den Bildarchitekturen widmet. Zudem erscheint im Frühjahr das Buch "Übergang - Crossing" zur Werkgruppe der Zollanlagen, das im Buchhandel und während der Ausstellung erhältlich ist.

In C1: Claude Horstmann, Fortune Drawings Kunsthalle Göppingen

Claude Horstmanns Arbeitsmaterial ist Sprache. In Installationen, Wandzeichnungen und Papierarbeiten, als Kunst am Bau oder unabhängig von architektonischem Kontext im Medium des Künstlerbuchs setzt sie Sprache als Material ein, um Bedeutungskonstruktionen und -dekonstruktionen künstlerisch zu nachzuvollziehen.

Die Ausstellung der Fortune drawings im C1 schlägt eine Brücke zwischen der Textarbeit Claude Horstmanns und ihrem Interesse an Raum und Volumen. Mit der Anbringung der Texte, Chinatusche auf Zeichenpapier, äußert sich Horstmanns Leidenschaft für plastische Prozesse und Entgrenzung. Mit der Arbeit, die sie 2006 in Frankreich in einem Künstlerbuch komponierte, baut sie hier in Form von Textbausteinen einen Raum. Durch Glückskekse inspiriert, wechseln sich Weisheiten, Prophezeiungen, Tageslosungen ab mit einzelnen Wörtern und Satzteilen. Durch die All-Over-Hängung im white cube des C1 befindet sich der Ausstellungsbesucher inmitten der Arbeit, inmitten des dreidimensionalen Bild- und Sprachraums. Mit drei bereitgestellten Rahmen kann sich jeder Besucher seine eigenen Fenster in die Arbeit bauen und sich so einen spielerischen und persönlichen Zugang in das Bild und in den Raum erschaffen.

Der griechische Staatsmann Perikles betonte bereits vor 2500 Jahren: "Zum Glück brauchst Du Freiheit. Zur Freiheit brauchst Du Mut". Die Ausstellung der Fortune drawings von Claude Horstmann nun fordert auf: zur Erfahrung von kreativer Freiheit im Bild - und Sprachraum, zum Mut zur eigenen Markierung, sich den Ort durch eine Sprachgeste zu eigen zu machen und letztlich zum Glücksmoment, das sich einstellt, wenn Lesen zum Gespräch wird: ein Rahmen öffnet sich zum Fenster, ein Fenster eröffnet einen Blick, ein Blick setzt Wünsche und subjektive Wahrheiten frei.

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Josef Schulz // Claude Horstmann