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Der Kunstverein in Hamburg freut sich, als erste deutsche Institution das Projekt The Gregory Battcock Archive des US-amerikanischen Konzeptkünstlers Joseph Grigely (*1956 in East Longmeadow, Massachusetts) zu präsentieren. Gregory Battcock war Kritiker und ein wichtiger Protagonist der New Yorker Kunstszene der 1960er- und 1970er-Jahre. Er schrieb über Minimal Art, Konzeptkunst, Videokunst und Performance und trat für KünstlerInnen ein, die die Grenzen dessen, was zeitgenössische Kunst ist, neu definierten. Zufällig entdeckte Grigely 1992 den gesammelten Nachlass Battcocks in einer Lagerhalle. Angestoßen von diesem Fund begann Grigely eine bis heute anhaltende wissenschaftliche und künstlerische Auseinandersetzung mit dem Leben und Wirken Battcocks. Die Ergebnisse seiner Untersuchung präsentiert Grigely in sich beständig ändernden Displays im Grenzbereich zwischen objektiver Aufarbeitung und subjektiver Erzählung. Durch Selektion und Anordnung als Tableau erweitert Grigely die narrativen Ebenen des historischen Materials. Grigely geht es nicht nur darum, das Porträt eines Menschen und einer Zeit zu zeichnen, sondern darüber hinaus ein Bewusstsein für Zusammenhänge und veränderte kontextbedingte Lesarten zu schaffen.

In einer Zeit, in der hauptsächlich auf digitale Archivierung zurückgegriffen wird, liefert The Gregory Battcock Archive einen wichtigen Beitrag zur Auseinandersetzung über künstlerische Prozesse und den Umgang mit Archiven. Die digitale Erfassung macht es immer schwieriger, den eigentlichen Verfasser und den Vorgang der Auswahl zu erkennen - aber gerade das ist das Prägende dieser Arbeit und der Fokus von Grigelys Projekt.

Gregory Battcock (*1937 in New York, †1980 in San Juan, Puerto Rico) war zunächst Maler, bevor er hauptsächlich als Kunstkritiker arbeitete. Er unterstützte KünstlerInnen wie Andy Warhol, Robert Morris, Claes Oldenburg, Martha Rosler oder Lawrence Weiner und schrieb Essays über Minimal, Konzeptkunst, Videokunst und Performance. Seine Bibliographie Minimal Art: A Critical Anthology (1968), die diese künstlerischen Strömungen erfasst, ist nach wie vor ein wichtiges Zeitdokument. Er veröffentlichte weitere entscheidende Aufsätze, wie beispielsweise über die politische Rolle von Genderpolitiken in New York. Während einer seiner regelmäßigen Urlaube in Puerto Rico wurde er 1980 mit 102 Stichwunden tot aufgefunden. Der mutmaßliche Mordhintergrund ist bis heute ungeklärt.

Grigely übergab große Teile des Funds den National Archives of American Art, arbeitet aber seit 2010 in Ausstellungen mit dem Nachlass. Für seine Präsentation baute Grigely unterschiedlich gestaltete Holzvitrinen, die je nach Ausstellungsort und ihrem ineinandergreifenden Narrativ anders angeordnet werden. Dieses modulare Prinzip überträgt Grigely ebenfalls auf den Inhalt der Vitrinen. Die Primär- und Sekundärquellen, das gesammelte Bildmaterial und sonstige Memorabilia Battcocks unterliegen keiner statischen Anordnung. Durch beständige Re-Kontextualisierung des Bestandes arbeitet Grigely die Bedeutungsvielfalt des Nachlasses heraus und stellt zugleich Fragen an dessen Informationsgehalt. Systematisch operiert Grigely zwischen Subjektivität und Objektivität.

Die Ausstellung im Foyer bildet einen gedanklichen Brückenschlag zur Gruppenausstellung FLUIDITY, die parallel im Obergeschoss zu sehen ist. Einerseits setzte Battcock sich in seinen theoretischen Schriften mit dem neu aufkommenden Kunstverständnis seiner Zeit auseinander, das sich von den Auffassungen der Moderne löste und das Kunstwerk primär als Metapher oder Zeichen für eine weiterführende Idee verstand. Andererseits steht Grigelys künstlerische Praxis selbst in der Tradition konzeptueller Strategien. The Gregory Battcock Archive dokumentiert auf diese Weise den historischen Hintergrund und die Gegenwart einer einflussreichen Bewegung.

Zur Ausstellung wird im Verlag Walther König die erste umfangreiche Publikation erscheinen. Die Ausstellung ist eine Kooperation mit dem Grazer Kunstverein.