press release only in german

Sonne rauf, Sonne runter – Pencil of Nature, Template of Artifice, die Raster sind gezogen, die Flächen gesetzt, aber die Konturen verschwimmen. Die Grenzen werden durchlässig, die Farben erklären ihre Unabhängigkeit, verabschieden sich von der Logik der Form. Die Ordnung der Dinge geht auf im Dunst der Zwischentöne, Überblendungen und Reflexionen. Mit dem Einbruch der Dämmerung wird die Diktatur der Identität aus den Angeln gehoben und durch das Reich der Ähnlichkeiten ersetzt – ein Regime der Übergänge und Resonanzen, ein Regiment der Mimikry und Camouflage.

Schafe zählen – nicht zufällig führt die Imagologie (und Praxis) des Einschlafens als Kulturtechnik des Übertritts zwischen Wachen und Schlafen das Bild einer Schaf für Schaf über einen Zaun springenden Herde auf: Immer rüber über die Grenze auf die andere Seite, als Hirte muss man schon ziemlich alert sein, wenn einem die Tiere (oder Tassen) nicht abhanden kommen sollen: eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben, acht, neun, zehn, elf, zwölf, dreizehn, vierzehn, fünfzehn, sechzehn, siebzehn, achtzehn, neunzehn, zwanzig, einundzwanzig, zweiundzwanzig.... Du dummes Schaf, guck mich nicht so an: die mathematische Vernunft als Medium, das der Instituierung ihres Gegenteils dient, Stupidity as Destiny.

Ähnlich sein – das Ding mit der Pionierpflanze, die die Brachen besetzt und symbolisch als ‚Orte des Gegens’ urbar macht. Der Ast als Skulptur, das Holz als Bronzeguss, eigentlich noch zerbrechlicher als zuvor. Das Organische des Wuchses und das Eckige des Galerieraumes: Der Essigbaum als anti-kapitalistische Flora – ist schon verkauft und bleibt trotzdem als Monument seiner eigenen Untauglichkeit gültig. Natur als Mimikry: Nutzlosigkeit zu propagieren heißt hier vielleicht, sich des Schleiers einer augenscheinlichen Verwertbarkeit zu bemächtigen, um unter ihrem Deckmantel nicht zu gebrauchen zu sein. Man könnte auch von Schönheit sprechen, wenn man da nicht gleich wieder eins auf die Finger kriegen würde.

Maschine werden – natürlich sind das alles romantische Träume und historisch mitunter auch ausgetretene Pfade, die das Unbewusste gegen das Bewusste, das Ähnliche gegen das Identische, die Vernunft gegen ihr Anderes entlang der Grenzen zwischen Kultur und Natur in Stellung bringen. Der Schlaf gebiert Ungeheuer undsoweiter, aber wer schläft heute noch. Man könnte ja so tun als ob, und der Maschine entkommen, indem man Maschine wird, Terminator, Tarnung.

Die Homophonie zwischen CAPTURE und CAPTCHA, der Fang als Programm, der Turing Test als Ecriture Automatique, der Dichter bei der Arbeit. Mit dem System gegen das System, geht das überhaupt: natürliche Intelligenz, die sich als künstliche ausgibt.

Und träumen Androide tatsächlich von elektrischen Schafen? Wovon träumten dann die Schafe, das Tier? Odysseus und seine Mannschaft jedenfalls sind dem geblendeten Zyklopen unter der Maske des Nicht-Identischen an den Bäuchen einer Schafsherde entwischt. Aus dem Mythos in den Mythos: Dialektik der Aufklärung.

Daniel Pies

Judith Hopf SUN UP / SUN DOWN 13.9. – 9.11.2013 Eröffnung 12.9.2013 18.00 – 21.00

only in german

Judith Hopf
SUN UP / SUN DOWN