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Seit nun fast vierzig Jahre lang ist Galerie Gmurzynska marktführend für russische Avantgarde und klassische Moderne Kunst. Seit ihrer Gründung im Jahre 1963 hat die Galerie 133 Ausstellungen in Köln und weitere 15 in Zug veranstaltet, wo sie seit 1993 eine zweite Niederlassung betreibt. Vor kurzem hat die Galerie Gmurzynska wunderschöne Ausstellungsräumlichkeiten im Loft-Style in St. Moritz in der Schweiz eröffnet.

Die Aktivitäten der Galerie waren immer schwerpunktmäßig auf die Entdeckung und Förderung verschiedener Aspekte der russischen Avantgarde und osteuropäischen Kunst im Westen gerichtet. Die historische Bedeutung der Arbeit, die die Galerie in dieser Hinsicht geleistet hat, zeigt sich in einem umfangreichen Ausstellungsprogramm und umfassenden Angebot an Publikationen. Seit den frühen 70er Jahren konzentrieren sich die Programme auch auf klassische Modernisten, darunter Kurt Schwitters, Fernand Léger, Robert und Sonia Delaunay, Lyonel Feininger, Pablo Picasso und Joan Miró. Eine weitere wichtige Ergänzung zur Marktpräsenz der Galerie Gmurzynska ist das Gemäldevermächtnis von Yves Klein.

Beheimatet ist die Galerie in dem legendären “red cube” in Köln, das 1991 von den berühmten Architekten Diener & Diener entworfen wurde. Seitdem wurden in diesen Räumlichkeiten eine Reihe sensationeller Ausstellungen gezeigt, darunter “The Impact of Chaim Soutine – De Kooning, Pollock, Dubuffet, Francis Bacon” und “natural-unnatural / Andy Warhol – Yves Klein”. Die heimeligeren Räume am Zugsee in der Schweiz werden häufig für seltene und ungewöhnliche Ausstellungen benutzt, wie Malevich-Klein”, “Karl Lagerfeld – Fotografie” oder die kleine Retrospektive des avantgardistischen Künstlers Paul Mansouroff.

Im Mai zeigt die Galerie Gmurzynska eine hervorragende Ausstellung mit Werken von Judith Rothschild.

Die Künstlerkarriere von Judith Rothschild umspannt über ein halbes Jahrhundert, in dem sie eine Sammlung origineller und spannender Werke schuf. Damals durchlebte die amerikanische Malerei eine Zeit der radikalen Veränderungen und während ihrer ganzen Schaffensperiode richtete Rothschild ihre Energie auf einige der herausragenden Themen, mit denen die amerikanischen Malerinnen ihrer Generation konfrontiert waren. Insbesondere beschäftigten sie die entgegengesetzten Forderungen der “reinen” Abstraktion und einer direkteren, metaphorischen Art der Malerei, basierend auf der abstrahierten bildlichen Darstellung. Schon früh charakterisierte sie diese Polarität mit der kühlen Rationalität der “gegenstandslosen” Malerei und einer wärmeren, mehr “humanistischen” Art der Abstraktion. Die erste Variante wird in den Werken von Mondrian veranschaulicht und die zweite findet Ausdruck in den Werken von Künstlern wie Miró und Picasso. Diese Konfrontation wurde zum Schlüsselthema in einer Reihe von Gemäldewerken des zwanzigsten Jahrhunderts und spielt auch noch heute eine lebendige Rolle in der amerikanischen Malerei. Die Entwicklung der Werke von Rothschild liefern ein anschauliches Beispiel dafür, wie diese Spannungen ihr lebenslanges Bestreben als abstrakte Malerin grundlegend prägten.

Die Karriere von Judith Rothschild begann sehr früh. Schon mit Anfang zwanzig schuf sie eine Reihe ausserordentlich gut gelungener abstrakter Bilder. Im Jahre 1945 hatte sie im Alter von 24 Jahren ihre erste Einzelausstellung in New York und wurde im Kreis der Amerikanischen Abstrakten Künstler aufgenommen. Im darauffolgenden Jahr hatte sie eine weitere Einzelausstellung und ihre Werke fanden bemerkenswerten Anklang bei der Presse. Sie schien klar am Beginn einer großen Karriere zu stehen.

Dies änderte sich nach ihrer Eheschließung mit dem Romanschriftsteller Anton Myrer im Jahre 1947. Dem Wunsch ihres Ehemannes nach einem zurückgezogenen Leben folgend, gab sie New York auf und arbeitete in den nächsten zehn Jahren die meiste Zeit in Kalifornien nahe Monterey und Big Sur. Nach und nach begann sie, klare sachliche Elemente in ihre Werke einzubringen und in den 50er und 60er Jahren entstand eine Reihe beeindruckender abstrakter Bildkompositionen und Landschaften. In dieser ganzen Periode stellte sie ihre eigenen Karriereambitionen hinter die ihres Ehemannes, der in dieser Zeit eine ganze Reihe von Romanen veröffentlichte.

In Anbetracht der Opfer, die sie für den schriftstellerischen Erfolg ihres Ehemannes brachte, war Rothschild besonders erschüttert, als Myrer sie 1969 wegen einer anderen Frau verließ. Auch wenn der Zusammenbruch ihrer Ehe für sie ein Schock war, so bewirkte er auch große Veränderungen in ihrer Arbeit. Im Jahre 1970 kehrte sie nach New York zurück und in den nächsten Jahren erlebte ihre Arbeit einen bedeutungsvollen Wandel. Bei ihren Spätwerken bekam Rothschild´s langzeitige Vorliebe für den körperlosen Raum nach den Bildern von Mandarin eine neue Ausprägung durch ihr erwachtes Interesse an der gestalterischen Vollkommenheit des späten Matisse. Ihr seit langer Zeit bestehendes Interesse an Collagen ließ sie Relieftechniken entwickeln, die sie in ihren späten Arbeiten einsetzte. Während ihre frühen Werke Ölgemälde auf Leinwand waren, begann sie nunmehr, fast ausschließlich mit Relieftechniken zu arbeiten, die ihr eine größere formale Freiheit verschafften und die eine originelle Antwort auf die allgemeine Definition der Vorgaben für die Malerei in der damaligen Zeit waren. Ihre Reliefgemälde erlaubten es ihr, vormals grundverschiedene Elemente zu vereinbaren und sie zu einer neuen Einheit zu verbinden. In den Arbeiten, die in den letzten zwanzig Jahren ihres Lebens entstanden, schaffte sie eine Synthese der abstrakten Darstellung und der figurativen Elemente, die ihr einen breiten emotionalen und thematischen Spielraum gestatteten. Die formale Sprache, die sie in diesen Werken anhand eines Repertoires von Grundformen entwickelte, bot ihr eine größere malerische Flexibilität und konnte in vielfältigen kompositionellen Formaten verwendet werden.

Die Karriere von Rothschild spiegelt auch eine Situation wider, die nicht ungewöhnlich war für Künstlerfrauen ihrer Generation. In der ersten Zeit ihrer Karriere kämpfte sie gegen die Zwänge, ihr berufliches Leben den gesellschaftlichen Erwartungen an sie als Frau und Hausfrau unterzuordnen. Nicht von ohnehin entstanden Rothschild’s originellste Werke zu Beginn und im letzen Teil ihrer Schaffensperiode, eben jener Zeit, in der sie nicht verheiratet war und große persönliche Freiheiten genoss. Dieser Zusammenhang zwischen persönlicher und künstlerischer Freiheit ist unübersehbar und die Lösung dieser persönlichen Konflikte hatte einen tiefgehenden Einfluss auf Rothschild’s Arbeiten. Eine Reihe mythologischer Themen, mit denen sie arbeitete, wie Alcestis und Breseis, handeln von Frauen, die große aber vergebliche Opfer für den Mann erbringen, den sie lieben.

Gleichzeitig machen Rothschild’s Spätwerke ihr Bestreben deutlich, Formen zu finden, die universelle Inhalte vermitteln können, in Anlehnung an die Auffassung von Jungian über ein kollektives Unterbewußtsein. Sie sah die neue Bildsprache ihrer Reliefgemälde als Ausdruck ihres Wunsches, die von ihr so genannten „Urformen“ zu schaffen, die ihr eine formale Sprache verleihen sollten, um wichtige und allgemeinverständliche Aspekte der menschlichen Erfahrung ausdrücken zu können.

Diese Artikulation einer pulsierend physischen aber dennoch transzendentalen Sicht des Lebens war seit jeher ein Schlüsselthema der künstlerischen Ambitionen von Judith Rothschild, das sie vor allem eindringlich in ihren Spätwerken verdeutlichte. Pressetext