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LDPE – Lowdensitypolyethylene* – ist der Titel einer inzwischen 25 Fotografien umfassenden Serie, an der Julian Faulhaber seit 2003 arbeitet.

Diese Serie zeigt architektonische Konstellationen: Innenräume, Ansichten von Gebäuden, eine Straßenkreuzung. Strahlende, monochrome Farbflächen und abstrakte geometrische Formen dominieren die zumeist als Ausschnitte angelegten Bilder. Das Licht besitzt oft eine eigene Farbigkeit und wirkt, wie auch die glatten Oberflächen, extrem künstlich. Die räumliche Ausdehnung, die Dimensionen und der genaue Verwendungszweck der gezeigten Innenräume bleiben offen. Da sie unbelebt sind, keine Menschen, nicht einmal Spuren menschlicher Präsenz in Form von Liegengebliebenem oder Abgestelltem sichtbar werden, assoziiert man mit diesen Räumen und Architekturen nicht eigentlich Realität. Es scheint sich vielmehr um Modelle, um Kulissen oder um am Computer erstellte Architekturentwürfe zu handeln, die auf eine Zukunft verweisen. Sie besitzen den synthetischen Charakter von Science Fiction.

In seiner Auseinandersetzung mit modernen Lebensräumen schließt Julian Faulhaber an einen Diskurs an, der in der zeitgenössischen Kunst, zumal im Medium der Fotografie, seit längerem geführt wird. Mit gebauten und fotografierte Kulissen arbeiteten Thomas Demand, James Casebere, Lois Renner und Oliver Boberg, um nur einige zu nennen. Julian Faulhaber geht den umgekehrten Weg und besetzt damit eine eigene Position. Die Räume und Konstellationen, die er zeigt, existieren wirklich. Es handelt sich um Schnellrestaurants, Autovermietungen, Clubs und Industriegebäude, die er unmittelbar nach ihrer Fertigstellung fotografiert hat, das heißt, solange sie noch neu und unbenutzt waren. Solche Räume zu finden, die die gewünschte Künstlichkeit hinsichtlich des Designs, der Materialität und der Lichtinszenierung besitzen, ist Teil des Entstehungsprozesses seiner Bilder. Die Erlaubnis zu erhalten, solche Räume zu fotografieren, stellt ebenso ein Problem dar, wie sie in einem völlig ‚reinen’ Zustand festzuhalten. Wenn Julian Faulhabers Bilder so spurenlos erscheinen, dann verdankt sich das nicht der nachträglichen Retusche am Computer, sondern dem Entfernen aller Gegenstände und Beschriftungen, bevor das Bild aufgenommen wurde. Auch die Beleuchtung wurde nicht verändert, es wurde das vorhandene Licht, zumeist Kunstlicht, verwendet. Der Arbeitsprozess ist also traditionell, benutzt wird eine Großformat- Kamera; digitale Technik spielt bei der Entstehung der Fotografien selbst keine Rolle.

Dass sie den Betrachter gleichwohl an diese gemahnen, ist der Ästhetik der Bilder geschuldet, die sich zum großen Teil wiederum der Gestaltung und der Inszenierung der vorgefundenen Räume und Gebäude verdankt. Dass es sich also bei Faulhabers Bildern streng genommen um Dokumentationen handelt, macht Staunen: Sie erscheinen ja beinahe abstrakt und sehr reduziert. Auch die Titel der Bilder bleiben, entsprechend ihrem modellhaften Charakter, allgemein: „Laderampe“, „Sporthalle“, „Restaurant“. Die Frage nach den Spuren künstlicher Techniken und Materialien in der jetzigen Lebenswelt, die Suche nach den Orten, an denen diese Spuren sich verdichten, und die Wahl des Ausschnitts, der schließlich im Bild festgehal- „Umkleiden”, 2005, C-Print auf Aluminium, 110 x 150 cm *Low density polyethylene (LDPE) is a thermoplastic made from oil. This was the first grade of polyethylene, produced in 1933. It is widely used for manufacturing various containers, dispensing bottles, wash bottles, tubing, and various molded laboratory equipment. Its most common use is in plastic bags. (Wikipedia 2006) „Rezeption”, 2006, C-Print auf Aluminium, 100 x 110 cm ten wird, ist der künstlerische Prozess, der zum Entstehen dieser Serie geführt hat.

In der Ausstellung in der L. A. Galerie werden den Bildern Texte gegenübergestellt, so genannte INSTRUKTIONEN. Es handelt sich dabei um Anleitungen, die von Bildagenturen für Foto-Shootings verfasst wurden. Aus diesen assoziativen Zusammenstellungen und Beschreibungen möglicher Elemente, die zu bestimmten Situationen und Stimmungen gehören, sollen die entsprechenden Bilder generiert werden. Ein solcher Text liest sich wie folgt:

„KÜHLE BLONDE FRAU SITZT IN EINEM MODERNEN COFFEE SHOP UND IST SICH IHRER WIRKUNG AUF DIE AUSSENWELT DURCHAUS BEWUSST THEMA SEHEN UND GESEHEN WERDEN KAFFEE IST MEHR ALS EIN GETRÄNK WEIT AUSGESCHNITTENE MODISCHE KLAMOTTE WICHTIG IST DIE SPIEGELUNG IN DER FENSTERSCHEIBE WEIL SIE DEM BETRACHTER HILFT SICH ALS FLANIERENDER BEOBACHTER ZU FÜHLEN…“ (aus: Instruktionen I)

Julian Faulhaber stellt die Texte in einer gleichmäßig durchlaufenden serifenlosen grauen Majuskelschrift auf großen grauen Tafeln aus. Entsprechend ihrer korrupten Grammatik werden sie nur durch Punkte gegliedert, alle anderen Satzzeichen fehlen. Die gleichförmige Schrift, die zwischen Wortgattungen nicht unterscheidet, unterstreicht den Charakter des ununterbrochenen, unreflektierten Denk- oder Redestroms der Texte, welcher beim Lesen tatsächlich dazu führt, dass die gewünschten Anmutungen, Gefühle und Stimmungen erzeugt werden.

Die Serien „LDPE“ und „Instruktionen“ kreisen um Fragen nach dem Synthetischen, künstlich Erzeugten, nach Manipulation, nach Konstruktion und Dekonstruktion von Wirklichkeit. Der ästhetische Reiz, den das leuchtende, futuristische Ambiente der Bilder ausübt, weicht einer gewissen Beunruhigung, sobald man sich darüber klar wird, dass es sich um authentische Räume handelt. Ähnlich irritierend sind die Texte, die beim Lesen sofort innere Bilder aufrufen, also auf Unmittelbarkeit und Authentizität zielen, und dabei übergangslos Gefühle, Stimmungen und Produkte verflechten. Beide Arbeiten, LDPE und Instruktionen, sind eng mit Julian Faulhabers Biographie verbunden. Julian Faulhaber arbeitet als freier Künstler, absolvierte aber eine klassische Fotografenausbildung im Bereich Fotodesign an der Fachhochschule Dortmund. Während seines Studiums arbeitete er als Assistent am Set zahlreicher Mode-Shootings in Kapstadt und in Miami. Die Abläufe, die er dort erlebte, spielen für seine Arbeiten ebenso eine Rolle wie die dort gesammelten Materialien. Julian Faulhaber, Jahrgang 1975, schloss sein Studium 2006 ab; soeben erhielt er den Reinhart Wolf-Preis des Bundes Freischaffender Foto- Designer.

Julian Faulhaber 1975 geboren in Würzburg 1999–2006 Fotodesign-Studium an der Fachhochschule Dortmund Lebt und arbeitet in Dortmund 2006 „Reinhart Wolf-Preis“ des Bundes Freischaffender Foto-Designer „Saar Ferngas Förderpreis“, Pfalzgalerie Kaiserslautern 2005 „Winner Best Class“, „Best selected Works“, Epson Art Photo Award 2005 „Bilderkriege“, Focus Award, Fachhochschule, Dortmund 2003 „Canon ProFashional Award“, PPS Galerie, Hamburg Ausstellungen 2006 Stadtgalerie Saarbrücken L.A.Galerie – Lothar Albrecht, Frankfurt (solo) „Lowdensitypolyethylene“, Modul, Dresden (solo) „ifc Perspectives“, Art Show, Hongkong „Instruktionen und Lowdensitypolyethylene“, Künstlerhaus Dortmund „einskommanull“, Ostwall Museum, Dortmund 2005 „Lohn der Arbeit“ ,Verein für aktuelle Kunst/Ruhrgebiet e.V., Oberhausen „Feldstärke“, PACT Zollverein, Essen 2004 „Spektrum III“, Fachhochschule, Dortmund

Pressetext

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Julian Faulhaber
LOPE - Lowdensitypolyethylene