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Die Barbara Gross Galerie zeigt anlässlich der OPEN ART zeitgleich zu Julian Rosefeldts Ausstellung American Night. Filminstallationen 2008-2011 in der Bayerischen Akademie der Schönen Künste erstmals Arbeiten des in Berlin lebenden Künstlers. Rosefeldts technisch aufwendig produzierte Filme und Fotoarbeiten zeichnen sich durch kinematographische Opulenz aus. An der Schnittstelle von Narration und Filminstallation entwirft der Künstler bildgewaltige, barocke Szenarien, die in ihrer Ausdruckskraft wie Historiengemälde der Gegenwart erscheinen. Das ambivalente Verhältnis von Sein und Schein, manifester und latenter Wirklichkeit ist Dreh- und Angelpunkt der Rosefeldtschen Sujets.

Seit 2001 gilt sein Interesse der Frage, inwiefern Kinomythen und von Film und Fernsehen geprägte Klischees und Rollenbilder unser Alltagsverhalten und unsere Lebenswirklichkeit beein-flussen. Die Barbara Gross Galerie erweitert mit dem Film Lonely Planet (2006) den in der Bayerischen Akademie der Schönen Künste gezeigten Werkkomplex, der die Genres des Western-, Heimat- und Science-Fiction-Films thematisiert, um die Kategorie Bollywoodfilm.

In diesem Film - auf Super 35 mm gedreht - schlüpft Rosefeldt selbst in die Hauptrolle des Wanderers zwischen den Welten. Er mimt einen typisch westeuropäischen Rucksacktouristen, der im Alleingang durch Indien reist. Er startet in der Wüste, erlebt das rituelle Bad im Ganges, dicht gedrängte Straßen voller Kühe und Rikschas, ein Callcenter, ein Bollywoodfilmset mit kurzer Tanz- und Gesangseinlage, menschenleere Gassen und kehrt in die Wüste zurück. Der Film erfüllt die gängigen touristischen Klischeevorstellungen - in einer Endlosschleife. Zu Beginn des Filmes dekonstruiert Rosefeldt durch das Einspielen der Liedzeile „Don’t wanna be an American Idiot“ von Green Day bewusst das Klischee Indientrip. Es bleibt fraglich, ob sich der Wunsch des Reisenden bewahrheiten wird. Die Menschenmenge, die den Europäer phrenetisch feiert, und die Film-im-Film-Sequenz, die ihn auf einer Leinwand in einem Kinosaal voller Inder zeigt, macht ihn selbst zu einer Art Trophäe für die Einheimischen.

Bereits der Titel Lonely Planet ist doppeldeutig, verweist er zum einen auf den weltweit größten Verlag für Reiseführer, der besonders bei Rucksacktouristen beliebt ist, zum anderen auf den einsamen Wanderer – in Referenz zu Gemälden Caspar David Friedrichs. Gemäß der barocken Tradition des theatrum mundi führt Rosefeldt dem Betrachter die medienvermittelte, scheinbare Wirklichkeit vor Augen, die im Grunde nur eine Inszenierung der Inszenierung ist.

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Julian Rosefeldt
Lonely Planet