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12.11.2022 – 21.01.2023

Kalin Lindena. Erzähl der Zeit

Eröffnung:
Freitag, 11. November 2022, 18 – 21 Uhr

Vor 20 Jahren stellt die Galerie Nagel erstmals Werke der Künstlerin Kalin Lindena aus. Für die Jubiläumsausstellung „Erzähl der Zeit“ taucht Lindena in ihre Erinnerungen ein, betrachtet sie, lässt sie stehen oder vorüberziehen. Sie lässt die Zeit durch ihre neuen Malereien auf unkonventionell geformten Leinwänden und Skulpturen sprechen, mit ihr und über sie, in unterschiedlichen Geschwindigkeiten, mit verschiedenen Betonungen. Dabei kehren Materialien und Techniken wieder, welche die Künstlerin begleitet und geprägt haben.

So sind die Bildträger mit Textilien der Weddinger Modemarke PICALDI bespannt. Lindena trägt diese ansonsten in Form von Trainingshosen am eigenen Körper. Durch die weitere Bearbeitung mit Bleichmitteln oder Beize, vollgesogen mit Acrylfarben oder gekennzeichnet mit Sprühfarben und auf verschieden geformte Träger gespannt, werden sie nun Teil ihres künstlerischen Schaffens. Nicht selten erinnern die unterschiedlichen Umrisse der Bilder an Formen, wie sie sich in Ellsworth Kellys Malereien wiederfinden. Anders als Kellys Farbformen sind Lindenas Shaped Canvases aber polychrom und geben, mit unterschiedlichen Farben und Techniken bearbeitet, einen Verweis auf die über die Zeit weiterentwickelten Arbeitsprozesse der Künstlerin.

Für die skulpturalen Arbeiten schenken die Berliner Verkehrsbetriebe der Künstlerin die unverkennbar gelben Haltestangen, wie sie sich in Bussen und U-Bahnen wiederfinden. Aus ihrem ursprünglichen Kontext herausgelöst, werden sie nun als Kunstwerk inszeniert, ähnlich wie Readymades. Doch anders als ein Object trouvé entwickelt Lindena die Objekte weiter, indem sie diese zu neuen Gebilden zusammensteckt. Dabei entsteht beispielsweise die „Hand (nach BVG)“, die durch Titel, Form und Farbe auf den ursprünglichen Zweck verweist. Sicherheit, die eine Haltestange mit sich bringt, wird in der neuen Erscheinungsform jedoch aufgelöst. Das ehemals funktionale Objekt erhält plötzlich eine Gestik, die sogar nonchalant vermittelt, dass diese Transformation in Ordnung ist. So flüchtig wie auch die Gemälde entstanden sind, im Vorbeiziehen der Zeit.

Die neuen Werke von Kalin Lindena sind weder statisch noch eine Bestätigung von Endgültigkeit. Sie sind kommunikativ und in Bewegung: Geformte Zeitlichkeiten, in die sich eintauchen lässt und die es zu erkunden gilt.