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Karl Völker gehört zu den interessantesten deutschen Künstlerpersönlichkeiten der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts, dessen Schaffen allerdings selbst Kennern oft nur in Einzelbildern gegenwärtig ist. Die Stiftung Moritzburg widmet Karl Völker deshalb eine große Retrospektive aus ihren eigenen umfangreichen Beständen, ergänzt durch zahlreiche Leihgaben aus privaten und öffentlichen Sammlungen um das Werk dieses noch immer weit unterschätzten Künstlers ins öffentliche Bewusstsein zu rücken und ihn als wichtigen Vertreter der künstlerischen Avantgarde seiner Zeit zu würdigen.

Neben der künstlerischen Meisterschaft liegt Völkers Bedeutung in seiner Vielseitigkeit als Maler, Grafiker und Architekt sowie in einer der conditio humana verpflichteten Wahrhaftigkeit und einem scharfen gesellschaftskritischen Blick. Zwischen der frühen, am Expressionismus orientierten Malerei und den Kreidegrundzeichnungen der 50er Jahre, die als Höhepunkt des Spätwerks gelten können, liegt ein faszinierendes, stilistisch nuancenreiches Oeuvre, das eine eigentümliche, beinahe körperlich spürbare Intensität entfaltet.

Karl Völker, am 17. Oktober 1889 in Giebichenstein bei Halle an der Saale geboren, studiert nach einer Ausbildung im väterlichen Malerbetrieb an der Dresdener Kunstgewerbeschule bei Richard Guhr. Als Mitglied der ersten Stunde in der 1918 von Max Pechstein und anderen gegründeten Novembergruppe, ist Völker bei der regionalen Verankerung der revolutionären Berliner Ideen in der „Hallischen Künstlergruppe“ die treibende Kraft.

Für die Wochenzeitung „Das Wort“ entstehen seit 1923 expressive Holz- und Linolschnitte mit sozialkritischem Inhalt. 1924 beteiligt er sich zusammen mit Otto Dix, Georg Grosz, Eric Johansson, Käthe Kollwitz, Otto Nagel und Heinrich Zille an der legendären „Hunger“-Mappe“ zugunsten der Internationalen Arbeiterhilfe. Das Interesse für Architektur und Kunst im öffentlichen Raum führt Karl Völker ab 1922 zur engen Zusammenarbeit mit so bedeutenden Vertretern des Neuen Bauens wie Bruno Taut oder Otto Haesler.

Die Reflexion der großräumigen Industrialisierung der Region um Halle und die Tätigkeit als Architekt bringen Mitte der 20er Jahre eine stilistische Wandlung und führen zu einem Höhepunkt im Gesamtwerk Völkers. In einer vom Konstruktivismus geprägten Neuen Sachlichkeit malt Völker eine Reihe von Industriebildern, die in jener Epoche zu den besten ihres Genres zählen. In seinen zeitgleich geschaffenen Bildnissen zeigt sich Völker als Meister der genauen Beobachtung, der den Porträtierten eine über ihre Zeit und ihre soziale Herkunft hinausweisende Würde verleiht.

Ende der 20er Jahre und zu Beginn der 30er Jahre erobert das Groteske das Szenarium der Kompositionen Karl Völkers. Die sachlichen Bildräume wandeln sich zum satirischen Welttheater: Es entstehen Maskenstillleben, Jahrmarkts– und Kaffeehausbilder, die das Unbehagen an der Zeit mit einer fast schon prophetischen Vorwegnahme der bedrohlichen gesellschaftlichen Entwicklungen bezeugen.

Unter der Nazi-Herrschaft als „entartet“ verfemt, sichert Völker seine Existenz mit Aufträgen zur Ausmalung von Dorfkirchen im mitteldeutschen Raum. Die äußeren Umstände der Nachkriegszeit bedingen eine neuerliche Hinwendung zu architekturbezogenen Arbeiten. Parallel dazu entstehen als Spätwerk Völkers Kreidegrundzeichnungen, in denen er noch einmal - stilistisch gewandelt - an die Prophetengestalten der frühen Wandbilder und Tuschzeichnungen anknüpft. 1961 erhält Karl Völker den Kunstpreis der Stadt Halle. Er stirbt am 28. Dezember 1962 in Weimar.

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog.

Zwei Ausstellungen zu thematischen Werkaspekten Karl-Völkers werden während der Retrospektive in der Galerie Kunststücke sowie in der Galerie am Domplatz in Halle (Saale) zu sehen sein.

Die Dorfkirche Schmirma, Gemeinde Öchlitz birgt expressive Deckenbilder von Karl Völker, die Szenen aus dem Leben Christi zeigen. Für die notwendigen Restaurierungsmaßnahmen dieser Gemälde und der farbigen Fassung des Kircheninnenraumes setzt sich die im Juni 2006 gegründete Karl-Völker-Initiative e.V. ein.

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Utopie und Sachlichkeit
Karl Völker 1889-1962
Maler, Grafiker, Architekt