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Die Kunsthalle Wien präsentiert mit I can’t nail the days down die erste institutionelle Einzelausstellung von Kate Newby in Österreich. Die Arbeiten der Künstlerin entstehen in Reaktion auf ihre Beschäftigung mit konkreten Orten und bleiben mit dem räumlichen und zeitlichen Kontext ihrer Präsentation verbunden. Ihre Werke bringen das Draußen in den Ausstellungsraum, überschreiten dessen räumliche Grenze und laden auch die Betrachter/innen ein, das Außen zu entdecken und neu zu sehen.

Für ihre Ausstellung in der Kunsthalle Wien Karlsplatz entwirft Newby neue installative Arbeiten, die die Grenzen zwischen dem Werk und seinem Umfeld unscharf werden lassen. Basierend auf Beobachtungen der Künstlerin und Recherchen vor Ort stellen Newbys Arbeiten eine Verbindung zum gebauten wie belebten Raum her. In direkter Auseinandersetzung mit der Architektur des Glaspavillons und dem unmittelbaren Umfeld am Karlsplatz entstehen diskrete Arbeiten, die auf konventionelle Baumaterialien zurückgreifen.

Newby setzt Mauerziegel als künstlerisches Material für eine großformatige Bodenarbeit ein, die den Großteil des Raums im Glaspavillon einnimmt. Dafür bearbeitet die Künstlerin ungebrannte Ziegel und fügt gefundene Elemente bei, wie etwa von Passant/innen am Karlsplatz zurückgelassene Glassplitter, Münzen oder Bestände jenes Tons, der während des U-Bahnbaus aus dem Erdreich gewonnen wurde. Durch den nachträglichen Brennprozess verbinden sich die hinzugefügten Elemente mit den Ziegeln und lassen unerwartete Formationen entstehen. Ergänzt werden diese durch weitere kleine Einzelstücke aus Keramik und Bronze, die sich erst bei genauem Hinsehen als handgefertigte Objekte der Künstlerin erweisen. Die Installation entfaltet eine materielle Textur, die die Besucher/innen einlädt, Details im Begehen zu entdecken. Subtil integriert sich Newbys Arbeit in den Ausstellungsraum, lässt das einfallende natürliche Licht Teil der Installation werden, dessen Reflektion den Blick auch bewusst nach draußen lenkt.

Mit einer Intervention führt die Künstlerin die Installation im Außenraum weiter: Eine Vertiefung im Boden, die sie im angrenzenden Rosa-Mayereder-Park installiert, erinnert an Ablaufrinnen in urbanen Räumen. Newby greift häufig architektonische Sonderheiten und unauffällige Details auf und setzt sie in einen neuen Kontext. Dabei fügen sich ihre Arbeiten in die existierende Umgebung ein, und lassen diese wiederum Teil der Arbeiten werden. Bezug nehmend auf Werke der Land Art, die in den 1960er und 1970er Jahren in den USA entstanden sind, unternimmt Newby ebenso minimale wie radikale Gesten in bestehende Orte, die sich mit ihrer Umgebung über die Zeit verändern.

Ihre Arbeit im Freien wird, abhängig von den Jahreszeiten und umgebenden alltäglichen Aktivitäten, Rückstände aus der Umwelt wie Geröll, Schmutz, Blätter und Regenwasser aufnehmen. Im Gegensatz zu objektbezogenen Praktiken integriert sich das Werk in die bestehende Umgebung, wird Teil davon und verweist auf die darunter liegende Infrastruktur: die U-Bahn und das Kanalsystem am Karlsplatz. Newby bringt Ideen künstlerischer Bewegungen wie der Land Art in einen urbanen Kontext und spürt Verbindungen zu Zeit, Ort und Zusammenleben nach, die einen Bezug zu unserem alltäglichen Leben herstellen. Indem das Alltägliche als allgegenwärtiger, aber wandelbarer Horizont erscheint, in dem wir leben (und der mit uns lebt), ist es gleichzeitig Ausdruck gesellschaftlicher Verhältnisse. Als kapitalistisch besetzte Räume (angelehnt an Henri Lefebvre) sind Alltag und Freizeit immer auch Orte des Konsums, die wirkliche Selbstbestimmung verhindern; und die gesellschaftliche Wirkungskräfte reflektieren. In Newbys künstlerischen Auseinandersetzungen tauchen diese Themen auf, wobei ihre Kritik ebenso unaufdringliche wie ästhetische Formen annimmt. Sie schafft Kunstwerke, die nicht von kommerziellen Interessen geleitet sind, die auch die poetische Qualität des Gewöhnlichen zum Ausdruck bringen.

Newbys Kunst bezieht die Besucher/innen direkt mit ein. Ihre Arbeiten wollen nicht nur durch bloßes Betrachten, sondern durch eine körperliche Auseinandersetzung erfahren werden. In früheren Arbeiten etwa bat die Künstlerin Bekannte, von ihr hergestellte Keramiksteine übers Wasser springen zu lassen und winzige Objekte in der Hosentasche mitzutragen; oder aber sie installierte Windspiele aus Keramik in entlegenen Landschaften, wo erst das vom Wind erzeugte Geräusch den Weg zu ihnen erahnen ließ. Auch die Spuren der Herstellung bleiben in Newbys Werken meist sichtbar. Objekte aus Ton und Glas entstehen oftmals in Handarbeit und bewahren trotz teils komplexer Bearbeitungsprozesse einen informellen Charakter. Der Bezug auf das Ephemere und Vergängliche in Newbys Arbeiten spiegelt sich auch im Ausstellungtitel I can’t nail the days down wider. Der direkte, unvermittelte Schreibstil von Autor/innen der sogenannten New York School wie James Schuyler, ebenso wie Alice Notley und Eileen Myles stellen einen wichtigen Bezugspunkt für die Arbeitsweise der Künstlerin dar. Kate Newby zieht ortsbezogene, alltägliche Details heran, um Werke zu schaffen, die gleichzeitig außerhalb, aber auch im Kontext zeitgenössischer künstlerischer Diskurse gelesen werden können. Ihre Kunst ist Teil eines Prozesses, der mit der unmittelbaren Umgebung verbunden ist und sich im Laufe der Zeit verändert. In Auseinandersetzung mit gegenwärtigen Produktionsweisen und Kunst im erweiterten Feld sind Newbys Arbeiten sensible und unmittelbare Beschäftigungen mit bestehenden Orten und alltäglichen Begegnungen.

Kuratorin: Juliane Bischoff

Kate Newby (*1979 in Auckland, Neuseeland) lebt und arbeitet in Auckland und Brooklyn, New York. 2012 wurde sie mit dem renommierten Walter’s Prize ausgezeichnet. Newby studierte an der Elam School of Art der Universität Auckland und erhielt 2015 ihren Doctor of Fine Arts. Zu ihren Einzelausstellungen zählen unter anderem: Swift little verbs pushing the big nouns around, Michael Lett, Auckland (2018); Let me be the wind that pulls your hair, Artpace, San Antonio (2017); The January February March, The Poor Farm, Wisconsin (2016); Two aspirins a vitamin C tablet and some baking soda, Laurel Doody, Los Angeles (2015) ); I feel like a truck on a wet highway, Lulu, Mexico City (2014), Maybe I won‘t go to sleep at all., La Loge, Brüssel (2013) und Let the other thing in, Fogo Island Gallery, Neufundland (2013). Ihre Arbeiten wurden zudem in internationalen Gruppenausstellung gezeigt, unter anderem auf der 21st Biennale of Sydney (2018); Scrap Metal, Toronto (2017); Index - The Swedish Contemporary Art Foundation, Stockholm (2017); SculptureCenter, New York (2017); Casa del Lago, Mexico City (2015); Auckland Art Gallery Toi o Tamaki, Auckland (2015) und Arnolfini, Bristol (2014).