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Obwohl Biennalen in außereuropäischen Ländern nicht wie zum Beispiel die Biennale Venedig zahlreich besucht, ausführlich besprochen und in allen Medien kommentiert werden, haben sie einen ungemein hohen Stellenwert nicht nur innerhalb des ausrichtenden Landes, sondern auch Auswirkungen auf die internationale Ausstellungstätigkeit. In loser Folge bieten wir Einblicke in zwar weit entfernte, gleichwohl außerordentlich spannende Biennalen: wir werfen zunächst einen Blick auf die 6. Sharjah Biennale 2003 und planen für die kommenden Jahre weitere „Spots“ auf außereuropäische Biennalen, in denen wir – in thematischen Zusammenhängen – Arbeiten von Künstlern aus der Region sowie den jeweiligen deutschen Beitrag, der vom ifa im Rahmen Auswärtiger Kulturpolitik unterstützt wird, vorstellen wollen.

Der 6. Sharjah Biennale, die vom 8. April bis zum 8. Mai 2003 in Sharjah in den Vereinigten Arabischen Emiraten stattfand, gaben die Direktorin Hoor Al-Qasimi und der Kurator Peter Lewis eine neue Ausrichtung: Sie öffneten die Biennale, die bislang insbesondere regionale und eher traditionelle Kunst präsentierte, indem sie – unter dem Aspekt der Beziehung zwischen Ästhetik und Politik – 117 Künstler aus 25 Ländern auswählten. Mit der Internationalisierung und mit der inhaltlichen Aktualisierung wird die Sharjah Biennale zum wichtigsten „Umschlagplatz“ für zeitgenössische Kunst im Mittleren Osten und in der Golf-Region.

Aus der 6. Sharjah Biennale präsentieren wir den deutschen Beitrag von Kai Wiedenhöfer, „Perfect Peace. Die Palästinenser von Intifada zu Intifada“, eine Serie von Schwarz-Weiß-Fotografien, entstanden während zahlreicher Aufenthalte zwischen 1990 und 2001 in den besetzten Gebieten in Palästina. Kai Wiedenhöfer porträtiert die Opfer und die Kämpfer der Intifada, vermittelt Hoffnungen und Enttäuschungen der Menschen im Nahen Osten. Kai Wiedenhöfers Serie „Perfect Peace“, die 2002 bei Steidl publiziert wurde, umfasst acht Kapitel: Besatzung und Widerstand, Märtyrer, Rückzug, Kinder und Alltag, Siedler und Autonomie. Seine Arbeit ist geprägt von einem lang-jährigen, engen und vertrauensvollen Verhältnis zwischen Fotograf und den Menschen, die er porträtiert; er fand Zugang zu den Menschen, die über Jahrzehnte hinweg unter Besatzung im Gazastreifen und im Westjordanland oder in Flüchtlingslagern leben, leiden, kämpfen. Kai Wiedenhöfer, geb. 1966, studierte Fotojournalismus an der Folkwang-Schule in Essen; die arabische Sprache erlernte er in Damaskus, seit 1989 arbeitet er im Nahen Osten. Er erhielt zahlreiche Preise und Auszeichnungen, u. a. den World Press Award und die Leica Medal of Excellence.

Der palästinenische Filmemacher Rashid Masharawi, 1961 im Flüchlingslager Al Shati geboren, lebt und arbeitet in Ramallah. Er gründete 1996 das „Cinema Production and Distribution Center“ in Ramallah zur Entwicklung einer lokalen Filmproduktion sowie das „Mobile Cinema“, mit dem in den Flüchtlingslagern Filme vorgeführt und das jährliche „Kids Film Festival“ realisiert werden kann; das CPC organisiert Workshops für junge palästinensische Filmemacher und betreibt das Kulturzentrum Al-Matal in Ramallah. Für seine Dokumentar- und Spielfilme erhielt Rashid Masharawi zahlreiche Preise und Auszeichnungen.

Rashid Masharawis Filme setzen sich mit der Stellung der palästinensischen Flüchtlinge und dem Alltag in den besetzten Gebieten auseinander – von der Zeit der ersten Intifada über die Periode des Friedensprozesses bis heute; mittels individueller Geschichten vermittelt er Raum und Zeit einer besonderen kollektiven Situation. „Live from Palestine“ (2002) zum Beispiel berichtet von der Arbeit des Radiosenders „Voice of Palestine“; der Film erhielt kurz nach Fertigstellung einen Nachtrag, Bilder der Zerstörung des Gebäudes durch das israelische Militär: die Mitarbeiter wurden mit den Überresten ihres ehemaligen Arbeitsplatzes konfrontiert, mit einer zum Schweigen gebrachten Radiostation. „Checkpoint“ (2002) ist Teil der mit Fareed Armaly für die Documenta 11 entwickelten Arbeit „From/To“ und für die 6. Sharjah Biennale enstand die Video-installation „Shahrazad – Beklemmung – Spannung“, ein verstörendes Porträt des täglichen Lebens unter israelischer Besatzung und in Flüchtlingslagern.

Mit der Ausstellung „Keine Ausfahrt Ramallah“ setzen wir die Reihe „Islamische Welten“ fort und betrachten dieses Mal nicht wie in „Love Affairs“ die Lebensfreude, die das Leben im östlichen Mittelmeerraum auszeichnet, sondern die Dramen und Tragödien, die sich im Nahen Osten tagtäglich abspielen.

Pressetext

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Keine Ausfahrt Ramallah
Spot on... 6. Sharjah Biennale 2003
Eine Ausstellung in der Reihe "Islamische Welten"

mit Kai Wiedenhöfer, Rashid Masharawi