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„Die Venusmaschine“, so der Titel einer der vier Skulpturen Kirsten Krügers in den VITRINEN, mag den Kunsthistorikern Marcel Duchamps „Junggesellenmaschine” ins Gedächtnis rufen – ein skurriles und nie eindeutig entschlüsseltes Vorstellungsbild, das in zwei Hälften, einen sexuellen und einen mechanischen und entsprechend in einen männlichen und einen weiblichen Bereich eingeteilt ist. Freudsche Theorien und die Industrialisierung haben ihre Spuren hinterlassen in dem Werk, das weit entfernt ist von esoterischen Weltanschauungen, aber dennoch geheimnisvoll und sonderbar erscheint.

Krügers Skulpturen sind fantastisch-plastische Vorstellungsbilder, die ähnlich wie in der „Junggesellenmaschine“ komplexe Gedankenwelten als vermeintlich dynamische Prozesse verbildlichen. Formen, Motive und Prozesse aus dem Bereich der Naturwissenschaft, eingefroren in eine zunächst undefinierbare Materialität, kreuzen sich hier mit kulturgeschichtlicher Ikonografie und modernem Design – aber auch mit plakativer Symbolik, die von Krüger so unerwartet kombiniert und eingesetzt wird, dass ihre Werke die Grenze zum Kitsch lediglich streifen, aber nie überschreiten, vielmehr kommen sie seltsam und befremdlich, zuweilen sogar lasziv-erotisch daher.

Durch die Verwendung von Pappmaché mit einer eigentümlichen, ja beinahe altmodischen Farbpalette – Pigment, das die Künstlerin direkt in die Papiermasse einrührt und dadurch u.a. pastellfarbene Braun-, Gelb, Grau- und fleischfarbene Töne hervorbringt – entsteht eine nahezu organische Materialität, die sich im Zusammenspiel mit den klaren Formen einer formalästhetischen Einordnung entzieht. Die den Skulpturen eingeschriebene Bewegung erscheint eingefroren, vereinzelt sogar stilisiert ins Ornamentale.

Die VITRINEN werden hier zum Kabinett für Exponate zwischen naturwissenschaftlichem Modell und Science-Fiction-Requisite. Der Kelch, als Quell des Lebens, lässt sich hier in verschiedensten Ausprägungen wiederfinden – als Schoß, dem halb vegetative, halb maschinelle Wesen entschlüpfen (Die Passantin), als Trichter, der das „Elixier des Lebens“ auffängt (Der Alchimist), als Blütenkelch oder als Muschel, welche den Venusmythos in sich trägt (Venusmaschine).

Die vielschichtigen Bilder lassen an Kreisläufe der Biologie, der Chemie oder Alchemie, aber auch der maschinellen Produktion denken. Nicht zuletzt sind es traumhafte, surreale Verschiebungen, die Assoziationen zu gleich mehreren Ausgangsbildern aus völlig unterschiedlichen Lebensbereichen hervorrufen. In ihrem Zusammenschluss formulieren sie die Universalität von Leben.

Jari Ortwig

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Kirsten Krüger. Kohlenstoffkabinett

Künstler:
Kirsten Krüger

Kuratoren:
Jari Ortwig