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Korakrit Arunanondchai
13.09.2019 - 10.11.2019

Kuratorin: Jeanette Pacher

Pressekonferenz: Donnerstag, 12. September 2019, 10 Uhr
Eröffnung: Donnerstag, 12. September 2019, 19 Uhr

Der Künstler und Filmemacher Korakrit Arunanondchai richtet in einem einzigen umfangreichen Werkkomplex das Augenmerk auf die Idee eines „lebenden Archivs“. Sein Interesse gilt dabei Beziehungen, die lange Zeit fortdauern und sich mit den Menschen und ihren Körpern verändern, undsomit eine Parallele zur Entwicklung der Geschichtsschreibung aufweisen, ohne jedoch an derenLinearität und zentralen Erzählperspektive festzuhalten.

In letzter Zeit ist der Künstler dazu übergegangen, strukturelle Beziehungen, die animistischenVorstellungen zugrunde liegen, mit jenen des globalen Informationsnetzwerkes zu überlagern.Animismus, das älteste Glaubenssystem der Welt, das außerhalb des Westens auch heute noch sehrpräsent und lebendig ist, hat laut Arunanondchai eine gewisse Ähnlichkeit mit der Art und Weise, wieNetzwerktechnologien Menschen in Geister verwandeln. Die Geschichte der nahen Zukunft wird zu einerVersion eines Narrativs aus einer fernen, imaginierten Vergangenheit, wie sich auch die Dichotomie vonSpiritualität und Technologie zunehmend in Graustufen aufzulösen scheint, sodass eine multiple„gemeinsame Gegenwart“ hergestellt werden kann.

Arunanondchai arbeitet vor allem mit Video, wobei er das Leben seiner Familienmitglieder dokumentiert und mit dokumentarischem Filmmaterial und Found Footage verbindet, die in Bezug stehen zu seinenlaufenden Forschungen auf dem Gebiet der Politik, Naturwissenschaften, Zukunftstechnologie undSpiritualität. Zu den wichtigsten, in seinen Werken immer wieder auftauchenden Figuren gehören seineGroßeltern, die bereits ein Alter erreicht haben, in dem das Gedächtnis allmählich schwindet. Was fürArunanondchai auch der Grund war, mit dem Drehen von Videos zu beginnen, lassen sich doch so dieErinnerungen seiner Großeltern bewahren.

Zu Beginn seines WerkkomplexesPainting with history in a room filled with people with funny names(2012) erschuf sich Arunanondchai in performativen Inszenierungen als „denim painter“, indem er mitJeansstoff ein Gewebe einsetzte, das unterschiedliche Welten und Kontexte verbindet. Denim ist einMaterial, das aus dem Westen kommt, als Stoff der Arbeiterklasse populär wurde und schließlich als eineArt Globalisierungsmaschine die Welt eroberte, sodass sich eine Parallele zur rohen Leinwand und derenBedeutung für die westliche abstrakte Malerei aufdrängt. Denim dient in Arunanondchais Arbeit alsGrund(lage), im wörtlichen Sinne für seine Malereien wie auch als narratives Element in den Videos: Auf diesem Stoff entstehen Bilder durch Action Painting, während in den Videos die Menschen Denim tragen,dem Gewebe also eine narrative Funktion zukommt.

Die im Zuge vonPainting with History entstandenen Bilder werden zu Objekten, die auch die Geschichteihrer Entstehung zeigen (das Foto vom Feuer, dessen Spuren die Bilder bewahren), während dieVideoreihePainting with history in a room filled with people with funny names zu einem Archiv derGedanken und Gefühle wird, in dem wichtige Ereignisse und Menschen im Leben von Arunanondchailebendig gehalten werden und das alle zwei Jahre mit einer neuen Episode ergänzt und aktualisiert wird.Betrachtet man die Videos in der Installation, dann nimmt man auch die Textur wahr, die verschiedene emotionale Zustände und verschiedene geographische Kontexte zu einem Ganzen verbindet. Der Geistim Archiv, der nicht mehr verschwindet, gleicht der menschlichen DNA, die sich noch lange nachweisenlässt, nachdem das Fleisch bereits verwest ist.

Korakrit Arunanondchai, geboren 1986 in Bangkok, lebt und arbeitet in New York und Bangkok.