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Um sie ranken sich oft Mythengeschichten – KünstlerInnen, die sich nach kurzen, bedeutenden Werkperioden aus dem System Kunst verabschiedet haben. Die Gründe sind vielfältig: von der bewussten oder unbewusst motivierten Entscheidung einzelner KünstlerInnen, die künstlerische Arbeit aufzugeben bis zu ökonomischen, sozialen, privaten oder anderen Zwängen. Dabei geht es neben Kriterien für die eigene Produktion auch um solche von Selbstverständnis, Kompetenz, Positionierung und Erfolg.

Das Museum Moderner Kunst stellt in der MUMOK Factory kurze Karrieren vor und präsentiert 10 bedeutende künstlerische Positionen von den frühen sechziger Jahren bis in die späten siebziger Jahre.

Explizit belegen Manifeste oder Tagebücher den Ausstieg aus der Kunst, etwa bei Lee Lozano oder Charlotte Posenenske. Die in New York in den sechziger Jahren erfolgreiche konzeptuelle Malerin Lee Lozano, der derzeit eine Einzelausstellung im renommierten P.S.1 MoMa gewidmet ist, vollzog den konsequenten Ausstieg aus der Kunst in ihren so genannten „language pieces“ (tagebuchartige Eintragungen mit an sich selbst gerichteten Handlungsanweisungen). Charlotte Posenenske, die derzeit ebenfalls eine Wiederentdeckung erfährt – geplant ist eine Retrospektive anlässlich ihres 20. Todestages in Deutschland und Österreich – gab die Kunst zugunsten der Soziologie auf, in der sie eine Lösung gesellschaftlicher Probleme suchte, die sie in der Kunst vermisste: „Es fällt mir schwer, mich damit abzufinden, dass Kunst nichts zur Lösung drängender gesellschaftlicher Probleme beitragen kann“, lautete der letzte Satz in ihrem Statement vom Mai 1968, in dem sie ihren Entschluss begründete.

Darüber hinaus sind interessante, von Fluxus und Happening beeinflusste Werke von Verena Pfisterer zu sehen, die den Kunstbegriff der sechziger Jahre als zu einengend empfand, um sich damit an den gesellschaftlichen Umbrüchen beteiligen zu können.

Konrad Lueg, der mit Gerhard Richter und Sigmar Polke seine ersten Ausstellungen bestritt, wollte seine Künstlerkarriere für kurze Zeit zugunsten der Errichtung eines Modells einer neuartigen Galerie für Düsseldorf unterbrechen. Doch es kam zu einer Unterbrechung auf Lebenszeit und zur Gründung der renommierten Konrad Fischer Galerie. Die Prager Performer Petr Scarontembera, Karel Miler und Jan Mlcoch wechselten nach sehr erfolgreicher internationaler Karriere, erschöpft und uninteressiert am aufstrebenden Kunstmarkt, auf die andere Seite und sind als Museumskuratoren tätig. Der kroatische Konzeptkünstler Goran Trbuljak betrieb seine Arbeit so konsequent, dass sein Ausstieg als logische Konsequenz erschien und startete eine zweite Karriere als Filmer.

Weiters präsentiert kurze Karrieren Arbeiten der Laibacher Gruppe OHO, die sehr früh mit Land Art-Konzepten, Performances und konzeptueller Kunst Aufmerksamkeit erfuhr und die Landkommune Sempas gründete, sowie der deutschen Künstlerin Hilka Nordhausen, die nach einer Phase konzeptueller Zeichnung in Hamburg die „Buch Handlung Welt“ eröffnete. Der Amerikaner Stephen Kaltenbach hinterfragte in seinen Werken der späten sechziger Jahre den Status des traditionellen Kunstwerks und erläuterte auch theoretische Fragen der Konzeptkunst. Ebenfalls zu sehen sind Exponate von Christine Kozlov, die als Pionierin der Konzeptkunst gilt und in New York mit Joseph Kosuth „The Museum of Normal Art“ gründete.

Generell werden die Freiräume, die für die Kunst und das KünstlerInnen-dasein notwendig sind, durch dichter werdende Funktionsprofile, die einerseits vom Markt abhängig sind und andererseits von den hegemonialen Institutionen hergestellt werden, bestimmt. kurze Karrieren greift diese Problematik auf und befragt – hier im Kontext eines Museums – auch Konsequenz und Funktion von KünstlerInnenrolle und –status.

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Kurze Karrieren

Künstler:
Lee Lozano, Charlotte Posenenske, Verena Pfisterer, Konrad Lueg, Petr Stembera, Karel Miler, Jan Mlcoch, Goran Trbuljak, Gruppe OHO, Hilka Nordhausen, Stephen Kaltenbach, Christine Kozlov, Seth Siegelaub, Jean Pierre Raphael Jouan alias Anouj, Verena Pfisterer

Kuratoren:
Susanne Neuburger, Hedwig Saxenhuber