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Klosterfelde freut sich auf die Ausstellung mit neuen Arbeiten von Lara Favaretto (geb.1973, lebt und arbeitet in Turin). Ihre Skulpturen, Fotografien und Filme, Installationen und Performances stellen häufig einen Moment der Perplexität und magischen Fantasie her. Dabei interessiert sie die Ambivalenz von ästhetischen Formen und Konzepten der Verweigerung, von der Dauerhaftigkeit eines Objektes und der Vergänglichkeit von Ereignissen.

Favaretto arbeitet an einer Serie von temporären öffentlichen Installationen, die sie "Momentary Monuments" nennt. In ihnen untersucht die Künstlerin Motive der Zerstörung und des Verschwindens. So wurden in Trento 36000 Sandsäcke um die Statue Dante Alighieris herum aufgetürmt, die nach einiger Zeit in sich zusammenfielen. Ein temporärer Sumpf, der im Garten hinter dem Arsenale angelegt wurde, war ihr Beitrag zur Venedig Biennale 2009. Inspiration hierfür waren Geschichten von Verschwundenen, Menschen die sich zu einem bestimmten Moment ihres Lebens von der Öffentlichkeit verabschiedet haben, um ihre Träume, ihre Erfindungen oder ihre Verrücktheiten zu bewahren. Von einem großen Archiv biografischer Texte und Bilder hat Favaretto 20 Personen ausgewählt, denen sie das Projekt widmete. Der Sumpf wurde so zu einem metaphorischen Monument für diese extreme Form der Grenzüberschreitung, zu einem temporären Gedenkort für diejenigen, die ein Dasein in ungewisser Schwebe dem Dogma des immer Sichtbaren vorziehen.

In Venedig wurden Objekte wie Grabbeigaben in den Sumpf gelassen, geheime materielle Tribute für die Verschwundenen. Die Galerieausstellung ist eine Weiterführung dieser Idee der Hommage, wobei das Paradox von Materialisierung und Unsichtbarkeit im Motiv des Grabmals weitergeführt wird. Zwei Skulpturen aus Holz, Messing und Erde wurden entwickelt, die je einen unbekannten Gegenstand in sich tragen: die erste ist Albert Dadas gewidmet, einem zwanghaften Reisenden, der diese Reisen jedoch später meist gar nicht oder nur unter Hypnose erinnerte. "Homage to Albert Dadas" nimmt den ganzen Boden des ersten Ausstellungsraums ein, eine flache, eingezogene Ebene aus Erde, deren Umriss durch einen Messingrahmen bestimmt wird. "Homage to Bobby Fisher" ist ein mannshoher und klobiger Holzquader, der in seiner Masse beinahe den Durchgang in den weiteren Ausstellungsraum versperrt. Er ist dem berüchtigten Schachweltmeister gewidmet, der sich zur Zeit des Kalten Krieges nicht von der US-Regierung instrumentalisieren ließ und zum Höhepunkt seines Erfolges verschwand. Das glänzende Messing der Rückseite wirft seinen Schatten auf die Wand und hebt damit subtil den Gegensatz zwischen dem wertvollen Metall und der Rohheit des Holzes hervor.

Die beiden Skulpturen sind die ersten aus einer Reihe von geplanten 20 Arbeiten, die an unterschiedlichen Orten platziert eine neue, imaginäre Landkarte zum Andenken an die 20 Verschwundenen ergeben sollen. Eine fast immaterielle Andeutung einer Person stellt die goldene Trillerpfeife dar, die in einem Ausstellungsraum von der Decke hängt und die Initialen des dritten Vermissten trägt, Ettore Majorana, ein italienischer Physiker, der 1938 auf mysteriöse Weise verschwand, womöglich in dem Moment als er realisierte, dass seine Forschungen in der Erfindung der Atombombe enden würden. Favaretto hat alle 20 Geschichten in einem wunderbaren Künstlerbuch zusammengestellt, das von Archive Books herausgebracht wird und zur Ausstellung erscheint.