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„Die vom Spott begleitete, äußerste Zügellosigkeit geht Hand in Hand mit der Weigerung, die Wahrheit der Erotik ernst – ich meine: tragisch – zu nehmen.“ (Georges Bataille)

Die Ausstellung „The Lover And The Magician“ zeigt die neuesten Arbeiten der Baselitz-Meiserschülerin L. A. Pagenkemper, auf deren Leinwänden das Sujet symbolisch aufgeladener Landschaften im Fokus steht, um sich jenseits eines realistischen Illusionismus den Momenten lyrischer Stimmungsschilderungen zu verpflichten.

Pagenkempers Malereien überraschen durch ihre betonte Flüchtigkeit der transparenten Farblasuren sowie schattenlosen Bäume, Tiere und Figuren, als wollten sie der Stagnation bzw. dem bedrohlich nahen Zusammenbruch einer bis dahin etablierten sozialen Ordnung entfliehen. Die neuen Bildkompositionen sind betont harmonisch da zentriert angelegt mit bspw. dem Fokus auf einen Baum, einen Magier, ein Liebespaar, eine Hütte. Dabei entwickeln sich diese deutbaren Formen sukzessiv aus dem Geflecht großer geschwungener Linien und kaum voneinander abgegrenzter, scheinbar uferlos ineinanderfließender Farbareale. Im Malakt dem surrealistischen „écriture automatique“ verwandt, weist Pagenkempers Malerei oft durchbrochene, reduzierte Passagen auf, welche sich aus der Spontaneität des malerischen Schaffens als Gestus unmittelbar auf der Leinwand manifestieren. Im unvermittelten und puristischen Umgang mit Formen und Farben gelangen die Darstellungen zu offenen und assoziativen Strukturen: figurative Gestalten binden sich einerseits symbiotisch in den organischen Formenreichtum der Gesamtszenerie ein und bewahren andererseits ihre körperhafte Präsenz durch die autarke zeichnerische und koloristische Qualität im Bild.

Ikonisch konstruiert die Künstlerin Versatzstücke der Alltagswelt in utopische Landschaften, um in symbolistischer Manier menschliche Situationen von Liebe und Eros, Magie und Desillusion, Exzess und Zerfall darzustellen. Neben diesen Referenzen zur Malerei eines Munch oder Gauguin spiegelt sich in Pagenkempers vereinfachter wie ursprünglicher Darstellungsweise ein Streben nach Ausdruck und Empfinden wider, das dem täuschenden Illusionismus der (Medien-)Realität widersteht, um zuletzt die verschiedenen Möglichkeit einer veränderten Subjektivität durchzuspielen.

Vergleichbare Tendenzen finden sich aktuell in den Bereichen der Musik-, Literatur- und Theaterszene: Die Inszenierung emotionaler Übertretungen respektive der Verletzung alltäglicher Gefühle wie Liebe, Hass und Verzweiflung sorgen für eine Dynamisierung der Situation, welche ein Gefühl der Irritation beim Rezipienten provoziert.

Es scheint, als sei es die innere Intention Pagenkempers mittels der von ihr vereinfachten Praktiken der Malerei den Darstellungsraum des Bildes verlassen zu wollen, um mit einer wahrhaften Kunst der Geste aufzuwarten. Im Stile eines Georges Bataille inszeniert die Künstlerin die Motive von Liebe und Angst im Sinne einer form- und grenzüberschreitenden Ästhetik und setzt an die Stelle des Nichts der Möglichkeiten im Medienzeitalter eine Ästhetik der Verausgabung des Selbst. Ausgerechnet im Spannungsfeld von Verboten und deren Überschreitungen ermöglicht sich die revoltierende Entgrenzung des Ich und des Außer-sich-Seins, auf „jene(m) Weg, wo das Prinzip eines Verbots, das Prinzip notwendigen, unvermeidlichen Anstands sich in verständnislose Heuchelei verwandelt, in ein Unverständnis dessen, was auf dem Spiele steht.“