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Lee Lozano (1930-1999) gehört zu den weniger bekannten und dennoch faszinierendsten KünstlerInnen der New Yorker Kunstszene der 1960er- und 1970er-Jahre, deren Werk in den vergangenen Jahren eine beachtliche Aufmerksamkeit erfahren hat.

In den frühen 60er-Jahren kam Lozano nach einem Studium am Art Institute von Chicago nach New York, und begann ihre kurze künstlerische Karriere mit figurativen Bildern und cartoonartigen Zeichnungen, in denen die Künstlerin verschiedene Werkzeuge als sexualisierte Mischgebilde zeigte und zum Teil mit obszönen und witzigen Texten versah. Lozano verband in den Gemälden der „Tool Paintings“ auf satirische Weise die funktionalen und handwerklichen Aspekte von Werkzeugen mit Themen wie Voyeurismus, Sexualität, Religion und Gewalt. Mitte der 60er-Jahre setzte sich Lozano in ihren Bildern intensiv mit minimalistischen und abstrakten Formen auseinander, die sie aus den Werkzeugmotiven konsequent weiter entwickelte. Vor allem die Manipulationen der Farben auf der Bildoberfläche erzeugten changierende Lichteffekte und verliehen den minimalen Kompositionen oft eine illusionistische Qualität. Diese Werke mündeten schliesslich in die grossformatigen Bilder der „Wave Series“, an der Lozano von 1967 bis 1970 arbeitete. Die insgesamt 11 konzeptuellen Bilder entstanden jeweils in einem einzigen performativen Malakt. Die Anzahl und Formation der Wellen auf der Bildfläche folgten, von der Künstlerin selbst entwickelten mathematischen Formeln. Lozano konzipierte für die „Wave Series“ ebenfalls eine spezifische installative Ausstellungssituation: in einem schwarzen Raum sollten sie an der Wand angelehnt, durch eine besondere Lichtsituation für die BetrachterInnen in Bezug auf ihre Farbigkeit und Materialität eine besondere Wahrnehmung erhalten.

Lee Lozano begleitete und dokumentierte ihr malerisches Werk mit Werkskizzen, Tagebüchern und Ideenprotokollen. In diesen Notizen finden sich bereits Ausgangspunkte für die späteren „Language Pieces“, die ab Mitte der 60er-Jahren entstanden. In diesen Textarbeiten sind Werk und Biographie, Kunst und Leben nicht mehr voneinander zu trennen: sie umfassten Instruktionen für die Künstlerin selbst — wie viel Haschisch sie am Tag rauchen sollte (soviel wie möglich) oder was zu tun ist mit gedruckten Ankündigungen, die sie von Galerien erhält (damit einen Papierhaufen im Atelier machen oder sie aus dem Fenster werfen) — und waren zum Teil Dokumentationen intimer Selbstanalysen. Weitere konzeptuelle Arbeiten waren die protokollarischen Aufzeichnungen für das langjährige Projekt „Dialogue Piece“. Lozano lud Gäste in ihr Atelier ein, darunter Künstlerfreunde wie Robert Morris, Dan Graham und Robert Smithson, um eine Diskussion zu führen, wobei nie ein eindeutiger Inhalt für die Gespräche bestimmt wurde — der Dialog selbst sollte zum Kunstwerk werden. Lozano formulierte in einem Statement von 1969 im Zusammenhang mit ihrer Beteiligung an der „Art Worker Coalition“ in New York: „I will not call myself an art worker but an art dreamer and I will participate only in a total revolution simultaneously personal and public“. Lozano äusserte damit einen politischen Anspruch an die Kunst, dass diese nicht nur in Museen, Galerien oder Magazinen stattfinden solle, sondern vor allem als Vehikel dienen müsse, um private und öffentliche Kommunikation zu fördern. Textarbeiten wie das „Throwing Up Piece“, 1969, in welchem Lozano sich selbst die Anweisung gab, in ihrem Atelier 12 der aktuellsten Ausgaben des Kunstmagazins „Artforum“ in die Luft zu werfen, belegen die zunehmende Desillusionierung der Künstlerin vom kommerziellen Kunstbetrieb Ende der 60er-Jahre. Lee Lozano begann sich mit ihrem letzten Kunstwerk, „Drop Out Piece“ (1969-70), langsam aus der Kunstszene New Yorks zurück zu ziehen, indem sie alle Kontakte mit Galerien, KritikerInnen und anderen KünstlerInnen abbrach. Schliesslich entschloss sie sich, nicht mehr mit Frauen zu sprechen — ein radikales Statement, dass eine Kritik gleichzeitig am Kunst- und Gesellschaftssystem zum Ausdruck brachte. 1971 zog Lee Lozano nach Dallas, Texas, wo sie 1999 starb, ohne je wieder in die Kunstwelt zurückzukehren.

Die Kunsthalle Basel wird im gesamten Haus, erstmals in Europa eine umfangreiche Einzelausstellung von Lee Lozano zeigen, die Werke aus den verschiedenen Perioden ihrer künstlerischen Karriere umfassen wird. Neben den weniger bekannten figurativen Bildern und Zeichnungen Lozanos aus den frühen 1960er-Jahren werden unter anderem konzeptuelle Textarbeiten und Werkskizzen der späten 1960er- Jahre, sowie auch die gesamte „Wave Series“ präsentiert werden.

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Lee Lozano
WIN FIRST DONT LAST, WIN LAST DONT CARE