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Franz von Lenbach war einer der letzten "Künstlerfürsten" des 19. Jahrhunderts, in dessen Werk noch nahezu alle Gattungen/Genres der Bildenden Kunst zusammentrafen. 2004 jährt sich sein Todestag (am 6. Mai) zum 100. Mal. Aus diesem Anlass zeigt das Museum Morsbroich eine Ausstellung die sich kritisch mit dem Künstlerfürsten Franz von Lenbach und der Frage auseinandersetzt, wie "seine" Themen 100 Jahre später von den Künstlern der Gegenwart behandelt werden. Wo gibt es Kontinuitäten, wo radikale Brüche, und wie und wohin hat sich die Kunst in den vergangenen 100 Jahren entwickelt? fragt die Ausstellung des Museum Morsbroich. Lenbach schuf Stilleben, Landschaften, Interieurs, Architekturansichten, er malte Akt- darstellungen und vor allem Porträts aller Art: Kinderporträts, Porträts berühmter Zeitgenossen, Selbstporträts, Freundschaftsporträts, Porträts in historischer Kostümierung, Gruppen- und Familienporträts. Reiselust und die Sehnsucht nach der Ferne und ande- ren Ländern und eine große Offenheit gegenüber fremden Menschen finden sich in seinem Werk ebenso gespiegelt, wie die Schilderung der heimischen Idylle. Glühender Bewunderer der Werke von Tizian, Rubens und anderer bedeutender Künstler, deren Werk er über Jahre hinweg im Auftrag und zu Studienzwecken kopierte, war Lenbach auch Sammler mit einem ausgeprägten Gespür für Qualität. Während für Lenbachs Leben und Selbstdarstellung der glanzvolle, festliche Auftritt, die historisierende Kostümierung und das Streben nach dem "Gesamtkunstwerk", nach der Einheit von Raum, Dekoration, Anlass und Personen etc., eine nicht geringe Rolle spielten, gibt es in seinem künstlerischen Werk eines nicht: das alles zusammen- fassende Historiengemälde. Während Hans Makart, Adolph von Menzel, Karl von Piloty, Wilhelm von Kaulbach oder Mihaly von Munkacsy noch dieser einst führenden Gattung, der vormaligen "Königsdisziplin" der Malerei, treu blieben, war diese für Lenbach offenbar überholt. Das Historiengemälde war in eine Krise geraten, die früher als weniger bedeutend eingeschätzten Teilbereiche der Malerei, wie Stilleben und Landschaft, Porträt usw. hatten an Bedeutung zugenommen. Franz von Lenbach trug dem in seinem Werk Rechnung, und gerade diese Betonung und Aufwertung der einzelnen Gattungen, ins- besondere des Porträts, lassen ihn als einen Künstler erscheinen, der dem Neuen zu- gewandt und für einschneidende Veränderungen offen war. Diese Offenheit für das Neue, und dazu gehört insbesondere auch seine intensive Verwendung der Fotografie für die Malerei und die Erfindung des "Rollen-Porträts", machen Franz von Lenbach zu einem Künstler, der an der Schwelle zum 20. Jahrhundert einerseits noch einmal die Errungenschaften des 19. Jahrhunderts in seinem Werk gebündelt, andererseits den Weg für die radikalen Veränderungen zu Beginn des 20. Jahrhunderts geebnet hat. Obwohl Lenbach dank seiner frühen idyllischen Bilder aus den 50er und 60er Jahren des 19. Jahrhunderts als deutscher "Vor-Impressionist" gefeiert wurde und sein Weg in die impressionistische Avantgarde seiner Zeit durchaus im Bereich des Möglichen lag, entschied sich Lenbach für eine andere künstlerische Haltung: Zwischen Historienmale- rei und Impressionismus suchte er einen dritten Weg, mit dem er die Kunst revolutionie- ren wollte, einen Weg, der ihn zu Reichtum, Ehre und Ruhm führte. Die Ausstellung "Die ganze moderne Kunst über den Haufen zu werfen - Franz von Lenbach und die Kunst heute" untersucht in einer Gegenüberstellung der Werke Lenbachs mit Werken von Künstlern der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, wohin sich die verschiedenen Gattungen weiter entwickelt haben. Die Ausstellung fragt: Welche Bedeutung haben Stilleben, Landschaft, Porträt oder historische Kostümierung für die Kunst der Gegenwart? Wie groß ist die Distanz zwischen dem, was Lenbach vor über hundert Jahren in seiner Malerei formulierte und dem, was die Bildende Kunst uns heute zu bieten hat? - Inwiefern haben sich lediglich die technischen Verfahren (Foto- grafie, Video, Computer etc.) geändert, und wo gibt es noch Übereinstimmungen zwischen der Sicht Lenbachs und unserer Wahrnehmung der Welt? Ausgehend von den verschiedenen Gattungen, so wie sie sich im Werk Lenbachs finden, stellt die Ausstellung in 12 Kapiteln Lenbachs Werke den Werken von Künstlern unserer Zeit unmittelbar gegenüber. Auf ca. 80 Bilder Franz von Lenbachs geben ca. 40 Werke von Künstlern wie Elisabeth Peyton, Thomas Ruff, Bernhard Blume, Tony Oursler, Gerhard Richter, Thomas Struth, Jürgen Teller, Rineke Dijkstra, Matthew Barney, Cindy Sherman, Wolfgang Tillmanns, Nan Goldin, Ed Ruscha, Tracy Moffatt, u.a. eine Antwort. Zur Ausstellung erscheint im DuMont Verlag ein Katalog. Die Ausstellung wird ermöglicht durch die Lenbacherben/Familie Neven DuMont.   Die Kapitel der Ausstellung sind folgende: Porträts berühmter Persönlichkeiten Künstler-Selbstporträt Familienbild Fotografie und Malerei Mutter und Kind Historische Kostümierung Aktmalerei Fernweh - Sehnsucht - Reisen Landschaft Idylle Stilleben Pasticcio, Collage, Skizze, Fragment   Kapitel: Reiselust und Fernweh Lenbach, der noch immer gerne als bayerischer Traditionalist gesehen wird, reiste mehr als viele seiner bekannten Zeitgenossen. Er war mehrfach in England, Frank- reich, Italien, Österreich, er reiste nach Spanien, Marokko und Ägypten.Seine Reiseeindrücke sind aber nur in vergleichsweise wenigen Gemälden festgehalten: In Spanien malte er die Alhambra und den Tocador de la Reina mit seinen Reise- gefährten Graf Schack und dem Maler Ernst von Liphart, in Italien entstand der grandiose "Titusbogen". Von der Ägypten-Reise künden porträthafte Bilder von Arabern mit Turban oder die Innenansicht eines Hauses und eher flüchtige Skizzen zum Thema Basar. Heute ist das im 19. Jahrhundert noch so beschwerliche Reisen innerhalb Europas zur alltäglichen Selbstverständlichkeit geworden: Morgens in London, mittags in Paris und abends in Rom zu sein, ist dank der modernen Flugverbindungen kein Kunststück mehr. Reisen, Urlaub und Fernweh verbinden sich heute mit entfernteren Zielen, der Individualcharakter des Reisens ist weitgehend verloren gegangen. Lediglich Weltum- segler, Extrembergsteiger und Kosmonauten genießen heute noch eine ähnliche Anerkennung im Hinblick auf ihren Wagemut wie Reisende im 19. Jahrhundert. Gesellschaftliches Interesse finden arabische Scheichs heute nur noch, wenn sie in einer unmittelbaren Verbindung stehen zu unserer Lebenswirklichkeit, d. h. eventuell mit einer "westlichen" Frau zusammen auftreten, wie in Gerhard Richters Gemälde "Scheich mit Frau", 1966 (von der Heydt-Museum, Wuppertal). Pressetext

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Lenbach und die Kunst heute
Die ganze moderne Kunst über den Haufen zu werfen
Auf ca. 80 Bilder Franz von Lenbachs geben ca. 40 Werke von Künstlern wie Elizabeth Peyton, Thomas Ruff, Bernhard Blume, Tony Oursler, Gerhard Richter, Thomas Struth, Jürgen Teller, Rineke Dijkstra, Matthew Barney, Cindy Sherman, Wolfgang Tillmans, Nan Goldin, Ed Ruscha, Tracey Moffatt, u.a. eine Antwort.