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Wer das Werk des Luzerner Malers Leopold Haefliger (1929-1989) kennt, scheint seine Meinung gemacht zu haben. Insbesondere seine Fasnachtsbilder lassen die einen entzücken und die andern erschaudern. Haefliger war aber nicht nur Gesellschaftsmaler, sondern ein leidenschaftlicher Künstler, der mit Begeisterung, Lust und Können seine Zeitgenossen rezipierte. So sind seine Bilder bevorzugt von grossen Malern inspiriert: Soutine, Vlaminck, Modigliani, Ensor, Corinth, ja gar Cézanne heissen einige der grossen Vorbilder. Im Schweizer Kontext stand Haefliger, vor allem mit den Darstellungen von Kellnern, Serviertöchtern und Köchen, dem Zürcher Maler Varlin (1900-1977) künstlerisch und auch persönlich nahe.

In einem ärmlichen, aber den Künsten zugeneigten familiären Umfeld wurde Haefliger bereits im jungen Alter vom Vater, seines Zeichens Bildhauer, in die Techniken der Kunst eingeführt und genoss weiteren Unterricht beim Luzerner Maler Karl Friedrich Schobinger (1879-1951) sowie während eines kurzen Intermezzos an der Luzerner Kunstgewerbeschule, bevor er sich auf Reisen nach Italien, Frankreich und Spanien begab. Zurück in Luzern fand er in den 50er und 60er Jahren einen fruchtbaren Boden für Kunstschaffende vor, besonders die Kunstgewerbeschule und der sie lange Zeit prägende Lehrer Max von Moos sorgten für ein anregendes und offenes Klima. Ein künstlerisch reifes Werk entwickelte sich bei Haefliger aber erst ab den späten 1960er Jahren. Angesichts des frühen Todes des Künstlers umfasst es lediglich die folgenden beiden Dekaden der 1970er und 1980er Jahre. Nach vereinzelten Versuchen in der Abstraktion in seinem Frühwerk bleibt Häfliger zeit seines Lebens bei der gegenständlichen Kunst. Die Motivik orientiert sich an den klassischen Gattungen der Malerei: Neben dem Akt finden sich Porträts, Stillleben, Landschaften und – ansatzweise in den Fasnachtsimpressionen, aber auch den Begräbnisszenen – sogar das Historienbild.  

Künstlerisch am überzeugendsten kommen diejenigen Gemälde daher, deren Komposition Leopold Haefliger unmittelbar aus der Malerei heraus entwickelt hatte. Hier handelt es sich um die Höhepunkte seines Schaffens. Die Farbmaterie trägt deutliche Spuren des gestischen Auftrags und verleiht den Malereien eine eigene Realität. Die Gegenständlichkeit der Motive erscheint oft nur angedeutet, viel eher empfunden, als realistisch abgebildet. Die malerische Behandlung trägt denn auch wesentlich zur besonderen Stimmung dieser Bilder bei, einer Stimmung der Ambivalenz mit einer oft melancholischen Note. Tod und Untergang sind omnipräsent: im menschlichen Schädel, im Begräbnis, im Leichenwagen, im ausgeweideten Ochsen, oder aber sie lauern in den starren Augenhöhlen der Fasnachtsmasken und hinter den schweren wolkenbehangenen Winterhimmeln, welche die Landschaft zu erdrücken drohen.   Die äusseren Lebensumstände des Künstlers haben der Nachwelt ein umfangreiches, auch redundantes Gesamtwerk beschert. Miete, Essen und finanziellen Zustupf pflegte Pöldi, wie ihn alle genannt haben, mit Bildern zu begleichen, nicht selten sah er sich gezwungen, dieses „Zahlungsmittel“ gezielt für diesen Zweck zu produzieren. Entsprechend disparat mutet die Qualität dieses Oeuvres an.  

Der Ausstellung im Kunstmuseum Luzern liegt die Idee zugrunde, anhand ausgewählter Werke die künstlerische und vor allem die malerische Qualität von Haefligers Schaffen zu ergründen. Die vierzig gezeigten Werke, mit wenigen Ausnahmen aus der späteren Schaffensperiode ab etwa 1967, sind mit Sicherheit nicht die einzigen guten Werke des Künstlers – um dies leisten zu können, hätte ein wesentlich grösserer Teil des Gesamtwerks zur Sichtung zur Verfügung stehen müssen –, es sind aber vierzig Malereien, die allesamt von einem künstlerischen Bewusstsein, einem künstlerischen Wollen zeugen, getrieben vom echten Bedürfnis eines existenziellen Ausdrucks.  

Haefliger wollte seine Bilder gerahmt sehen. Das Mass wurde dabei aber nicht immer gewahrt, es scheint, als ob der Zierrahmen da und dort auch die Malerei hätte aufwerten sollen. Deshalb wird die Mehrzahl der Exponate für diese Ausstellung in einem schlichten neutralen Holzrahmen präsentiert, die bemalten Leinwände sind dadurch mit Absicht „schutzlos“ der Betrachtung preisgegeben. Einzig ein paar wenige derjenigen Originalrahmen wurden beibehalten, von denen anzunehmen war, dass der Künstler sie in die Gestaltung der Bilder konzeptionell einbezogen hat, oder die er mit Blick auf die innerbildliche Komposition gezielt ausgewählt haben mag.

Kuratiert von Christoph Lichtin und Peter Fischer

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Leopold Haefliger - neu besehen.
Kuratoren: Christoph Lichtin, Peter Fischer