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Little Boy’s Luminous Legacies (new, clear, atomic narratives)
04.04.2019 – 09.06.2019

Benten Clay / Michael Danner / David Fathi / Nina Fischer & Maroan El Sani / Cornelia Hesse-Honegger / Henrik Plenge Jakobsen / Soichiro Mihara / Pieter Laurens Mol / Volker Sattel & Stefan Stefanescu / Kota Takeuchi / Peter Tillessen / Robert Voit / Jane & Louise Wilson / Ken & Julia Yonetani / Anne Zeitz & David Boureau

Alles besteht aus Atomen, aus nur schwer vorstellbar kleinen Einheiten, die aus noch viel kleineren Einheiten bestehen. Und diametral in die Weite gedacht schmilzt unsere Planet auf Atomkerngrösse im Anblick endloser Weiten.

Wir haben uns endlos Zeit genommen um zu beobachten, wie die Spaltung des vermeintlich Unspaltbaren zum Stoff grosser Spekulationen wurde.

Man kann definieren, dass am 2. Dezember 1942 die Menschheit (bzw Enrico Fermi in Chicago) das Atomzeitalter nukleartechnisch angeschalten hat. Seitdem ist alles anders, und seitdem generieren diese klitzeklitzekleinen unsichtbaren Freunde eine beeindruckende Menge an unvergesslichen Bildern und Geschichten. Bildhübsche Atompilz-Wolken, eingebrannte Schatten, verschwundene Städte oder Godzillas monströser Ärger prägten die frühe Phase der nuklearen Erfahrungen.

Dass diese neuen Kräfte schwer zu kontrollieren sind, liegt in der Natur der menschlichen Fehlbarkeit und Selbstüberschätzung. Daß das Gefahrenpotenzial letztendlich nicht in der direkt sichtbaren explosiven Kraft endet, sondern erst der Anfang einer bedrohlichen Ewigkeit ist, bleibt als Erbe.

Als Energiequelle ist Atomkraft ebenso heiss begehrt wie diskutiert, als Angstgenerator spaltet sie zwischen gut und böse – Propaganda, Totschweigen und GrößteAnzunehmendeUnsicherheit bleiben der Kern der Kommunikation über den Umgang mit dieser Technik. Legendär sind Our Friend the Atom als Beschwichtigungsformel und Nein, Danke als kritischer Slogan mit friedfertigem Ausklang.

Googelt man „little boy“ verbraucht bereits die Suchanfrage Strom, und hat man die Information, fragt man sich ob die Taufe der Hiroshima Bombe auf diesen Namen ein zutiefst naiver oder bösartiger Akt war? Unbedarftheit und gutgläubige Neugierde prägt den Umgang mit der strahlenden Materie seit Anfang an. Egal welche katastrophalen Folgen und Bilder militärische oder zivile Nutzung der Atomenergie produzierten, das sensorisch nicht wahrnehmbare Risikopotential macht die Verdrängung von Ängsten populär. Als wären wir von Sinnen. Eine Technologie, die angesichts der globalen Erwärmung als CO2-neutrale Hoffnung (wieder) begrüßt wird, und deren Konsequenzen sich auch zeitlich unseren Horizonten entziehen. Eine vergrabene Aufgabe bleibt z.B. wie man Sicherheitssymbole für atomaren Abfall entwerfen soll, die auch tausende Generation später verstanden werden können, während im Hier und Jetzt über Messwerte, Halbwertszeiten und Endlager spekuliert wird.

Die Frage nach dem Atomaren ist immer eine Frage nach Phantomen. Wie eine nicht-sichtbare Parallelwelt neben der greifbaren. Eine Technologie, die in ihrer stillen Alltäglichkeit mehr und mehr ans Mythologische heranrückt. Die Sirenen heulen, Pandora schliesst die Box und Homer arbeitet direkt im Kernkraftwerk von Springfield…

Die Ausstellung Little Boys luminous legacies möchte dem Rechnung tragen und verschiedene Narrative und Erkundungen um das Atomare vorstellen. Das Atomzeitalter wurde auch künstlerisch begleitet, und so wollen wir den Blick auf lose Erzählungen und Andeutungen richten, auf unterschiedliche Versuche, das Unsichtbare sichtbar zu machen, und die tiefe Beziehung zu atomarer Technologie ergründen, die global seit den 1950er Jahren Industrienationen in ihren Innersten prägt. Mal katastrophal, mal ganz alltäglich, nie endgültig.

Kuratiert von Dr. Daniel Bürkner und Jörg Koopmann